Frankfurt Rekordverlust, keine Dividende, die Aktie im Keller und noch immer ein gewaltiger Berg teurer Altlasten: Die Deutsche Bank steckt in der tiefsten Krise ihrer fast 150-jährigen Unternehmensgeschichte.
Seit der Finanzkrise 2007/2008 kämpft das Management um das Vertrauen der Aktionäre. Doch die Talfahrt hielt an. Damit soll nun Schluss sein – Vorstand und Aufsichtsrat beschworen bei der Hauptversammlung am Donnerstag die Trendwende.
„Ich bin nicht bekannt dafür, zu Euphorie zu neigen. Aber ich sage heute aus voller Überzeugung: Wir sind besser als unser Ruf. Viel besser sogar!“, betonte Konzernchef John Cryan, seit knapp einem Jahr der neue starke Mann bei Deutschlands größtem Geldhaus. „In uns allen steckt viel Aufbruchstimmung.“ Er fühle sich daher auch „etwas falsch verstanden“, wenn er „ausschließlich als der „Aufräumer“ oder „Sanierer“ bezeichnet werde, sagt der Brite.
Missmanagement
Doch viele Aktionäre sind frustriert. „Nach einer Dekade des Missmanagements ist die Deutsche Bank heute ein Sanierungsfall“, meinte Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment. „In absehbarer Zeit wird die Deutsche Bank ein Restrukturierungsfall bleiben“, urteilte Hans-Christoph Hirt, Co-Chef der Aktionärsvertretung Hermes. Vor allem Aufsichtsratchef Paul Achleitner ist angezählt. Er war im Juni 2012 zusammen mit der Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen angetreten.
Kritiker werfen dem früheren Allianz-Vorstand und Goldman-Sachs-Banker vor, mitverantwortlich für schleppende Aufarbeitung alter Skandale zu sein und zu lange am langjährigen Chef-Investmentbanker Jain festgehalten zu haben. Auch, dass die Strafe im Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze wegen mangelnder Kooperation der Bank höher ausfiel, schiebt mancher dem Chefkontrolleur in die Schuhe.
In der Frankfurter Festhalle schlug der Chefkontrolleur der einst stolzen Deutschen Bank vor 5400 Aktionären leise Töne an: „Mir ist bewusst, dass Ihre Geduld in den vergangenen Jahren stark strapaziert worden ist“, sagte Achleitner und bat die Aktionäre: „Dennoch oder gerade deswegen bitte ich Sie: Geben Sie diesem Vorstand und Aufsichtsrat, geben Sie dieser neuen Bankführung ihre Rückendeckung.“
Die Retourkutsche folgte umgehend: „Sie sollen hier nicht rumjammern, sondern das Unternehmen nach vorne bringen“, schimpfte der als streitlustig geltende Aktionär Karl-Walter Freitag.
Bislang überzeugte Cryan die Investoren nicht. Seit seinem Amtsantritt am 1. Juli 2015 hat sich der Börsenwert der Deutschen Bank halbiert.
Mit einem harten Sparkurs und der Konzentration auf profitable Geschäftsbereiche versucht Cryan, die Bank wieder fit zu machen. Doch Anleger rätseln, wie man an frühere Milliardengewinne anknüpfen will. „Wie sind Ihre Visionen? Wo sind die lohnenden Geschäftsfelder unserer Bank, mit denen wir in Zukunft wieder klotzig Geld verdienen werden?“, fragte der Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding.
Cryans Antwort: Der am meisten angesehene Finanzdienstleister in Deutschland, das führende Geldhaus für Unternehmen in Europa und die beste Auslandsbank in den USA und Asien – das sei seine Vision für die Deutsche Bank. Doch immer noch bremsen teure Altlasten und Skandale.
Altlasten und Skandale
Der scheidende Co-Chef Fitschen (67) forderte: Jeder solle ein „sicheres Gefühl entwickeln, welche Geschäfte wir machen und welche Geschäfte und Kunden wir besser meiden“. Für ihn gab es Lob: „Sie sind lange der Stempel für Anstand gewesen in dieser Bank“, sagte Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann.