BERLIN „Ich glaube, er könnte es können“, umschreibt Klaus-Dieter Hommel, Chef der Bahngewerkschaft GDBA, seine Eindrücke nach dem ersten Gespräch mit Daimler-Spitzenmanager Rüdiger Grube, dem designierten neuen Bahnchef.
Viel Zeit fürs erste Kennenlernen blieb nicht. 20 Minuten dauerte der Termin am späten Mittwochabend im Bundesverkehrsministerium in Berlin, mehr nicht. Mit von der Partie: Transnet-Chef Alexander Kirchner, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und eben Grube.
Lob von Union und SPD
Geht es nach der Großen Koalition, soll der 57-jährige Nachfolger von Hartmut Mehdorn werden. Sowohl bei der Union als auch bei der SPD ist man voll des Lobes. Grube wird zugetraut, die Bahn nach der Schnüffel-Affäre wieder positiv in die Schlagzeilen zu bringen – und sie sicher durch die Konjunkturkrise zu steuern.
Ausgerechnet Grube: Der war Anfang der Neunzigerjahre mal Mehdorns Büroleiter, damals bei Airbus. Einen Kandidat gefunden und das nur wenige Tage nach Mehdorns Rückzug – während die Gewerkschaften sich noch intern beraten wollen, gerät mancher in der Großen Koalition bereits ins Schwärmen. „Ich bin überzeugt: Er ist der Richtige, um die Zukunft der Bahn zu gestalten!“, erklärte Vizekanzler und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gegenüber unserer Berliner Redaktion. Auch auf Unionsseite zeigt man sich zufrieden. „Eine neue Person dokumentiert immer auch einen Neuanfang, auch atmosphärisch“, formuliert es CSU-Verkehrsexperte Andreas Scheuer.
In der Opposition, insbesondere bei Linkspartei und Grünen, überwiegen Vorbehalte und Skepsis. „Stellen Sie sich mal vor, man würde einen neuen Chef für einen Automobilkonzern suchen und würde dann einen Bahnchef nehmen – da würde jeder lachen“, spottet Grünen Experte Winfried Hermann.
Ausgebildet in Fahrzeugbau
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Grubes Referenzen stehen zumindest für eine zielstrebige Unternehmerkarriere: Ausgebildet in Fahrzeugbau und Flugtechnik, Promotion, Ende der Achtzigerjahre dann der Wechsel in die Praxis – zu Messerschmitt-Bölkow-Blohm, dann verschiedene Funktionen bei Dasa, schließlich „rechte Hand“ des früheren Daimler-Chrysler-Chefs Jürgen Schrempp. Grube sollte für Schrempp unter anderem die Fusion mit Chrysler umsetzen. Das Projekt scheiterte, doch Grube blieb in der Führungsetage bei Daimler und Verwaltungsratschef bei EADS.
Nun warten neue Aufgaben: Mehdorns Lieblingsprojekt, der Bahn-Börsengang, ist von der Politik erst einmal auf Eis gelegt. Die Erwartungen sind dennoch hoch. Viele setzen jedenfalls darauf, dass der neue Bahnchef stärker als Mehdorn das Inlandsgeschäft im Blick hält. Die Gewerkschaften wollen, dass der Konzern nicht auseinandergerissen wird. Nicht zu vergessen: Die Datenaffäre, über die Mehdorn gestolpert war, ist längst noch nicht aufgeklärt.