Westerstede Gedämpftes Baby-Gebrabbel aus dem Nebenraum, der Flur steht voller Kinderwagen. Das surrende Geräusch fleißig laufender Nähmaschinen mischt sich unter. In der gemütlichen kleinen Teeküche stehen Kekse bereit. So in etwa sieht es in dem Anbau des Abraxas in Westerstede an der Gartenstraße seit kurzer Zeit dreimal wöchentlich aus. Der dort angebotene internationale Nähtreff für Frauen wird immer besser angenommen. So gut nämlich, dass die alten Räumlichkeiten in der Apothekervilla nicht mehr ausreichten. Im Abraxas, Tür an Tür mit der Kreativwerkstatt, hat die Nähwerkstatt jetzt ein neues Zuhause – und viel mehr Platz.
Immer weiterentwickelt
Hilla Zervas hält ihre Kaffeetasse mit beiden Händen umfasst. Die Mitbegründerin des Nähcafés muss lächeln, wenn sie nach den Anfängen dieses Angebots gefragt wird. „Seit rund 20 Jahren gibt es einen Gesprächskreis für Frauen aus anderen Ländern. Als immer mehr Geflüchtete kamen, merkten wir schnell, dass die zum Teil zwar Interesse hatten, aber wegen mangelnder Deutschkenntnisse dann auch schnell wieder verschwanden.“ Ute Fründt nickt. Sie ist Migrationsberaterin in Westerstede und – ebenso wie Hilla Zervas – Mitglied im Deutsch-Ausländischen Freundschaftsverein Ammerland (DAF). Sie sagt: „Wir waren auf der Suche nach etwas, das man gemeinsam tun kann. Etwas, das wir den Frauen in die Hand geben können und über das man in Kontakt kommt.“ Gesagt, getan: Beim nächsten Gesprächskreis landeten einige Knäuel Wolle auf dem Tisch, beim darauffolgenden brachte Zervas ihre private Nähmaschine mit. „Ja, und so hat sich das weiterentwickelt.“
Angebot geteilt
Um die 20 Frauen seien in wechselnder Zusammensetzung regelmäßig vorbeigekommen. Weil nicht alle auch nähen, sondern sich zum Teil auch gern nur austauschen wollten, hatten die Verantwortlichen einen Plan: „Wir haben das Angebot geteilt. Den Gesprächskreis gibt es immer noch. Und die Nähwerkstatt findet nun dreimal wöchentlich separat statt.“
Unterstützt wird dieses Angebot auch von der Stadt Westerstede und natürlich vom DAF. Die Kooperation mit dem Abraxas? „Ein Glücksgriff“, wie Zervas findet. Ortrud Kreft, die gemeinsam mit Bodo Rode die Kunstschule im ehemaligen Gefängnis leitet, konnte den Bedarf des Nähcafés bei den Umbauplänen berücksichtigen. „Wir haben eine kleine Küche gefunden, Schränke und Tische eingepasst und einen Wickeltisch im WC angebracht.“ Denn ausdrücklich sind auch die Babys und Kinder der Frauen willkommen. Insgesamt sechs Nähmaschinen wurden inzwischen zur Verfügung gestellt.
„Goldstücke“ gefunden
Dass das Nähcafé unter einem guten Stern steht, das zeigt auch der nächste „Glücksgriff“: „Wir sind engagiert, aber wir können eigentlich gar nicht so gut nähen“, sagt Fründt lachend und meint außer sich selbst noch Hilla Zervas und Ilse Knipper, die auch immer wieder mit dabei ist. „Weil aber die Nähmaschinen immer mal wieder kaputt waren, bin ich mit denen ins Repair-Café gegangen und habe da Annegret Schubert-Bruns kennengelernt. Sie ist unser Goldstück.“ Diese winkt ab. Die Frauen müssen lachen. Aber tatsächlich: Schubert-Bruns ist gelernte Schneiderin und kann die Frauen in der Nähwerkstatt fachlich unterstützen. Naja, und natürlich Nähmaschinen reparieren.
Wunsch für die Zukunft
Den Teilnehmerinnen gefällt es sichtlich. An allen Nähmaschinen wird fleißig gewerkelt: An einer Maschine wird eine Jeans umgenäht, an einer anderen ein Tischdeckchen umsäumt. Und zwischendrin tummeln sich Kleinkinder, die abwechselnd von den Verantwortlichen mitbetreut werden. „Für die Zukunft wäre es toll, wenn der ,internationale Nähtreff’ auch deutsche Frauen anspricht“, wünscht sich Hilla Zervas. Die Begleiterinnen des Nähcafés haben das Ziel, den teilnehmenden Frauen eine Plattform zu bieten und Teilhabe zu ermöglichen und wünschen sich daher noch mehr Unterstützung. Interessierte, die Lust und Zeit haben, mitzuhelfen, können sich gern bei Hilla Zervas unter Telefon 0171/7224035 melden.