Nordenham Das Wasser ergießt sich durch das ganze Haus, ein Rohr ist gebrochen. Zum Glück gibt es dafür einen Handwerker – aber wann hat dieser Zeit? Die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe sind gefüllt. Sie könnten noch mehr leisten. Doch der Markt für Fachkräfte ist wie leer gefegt. Denn für viele junge Leute sind Handwerksberufe nicht mehr attraktiv genug.
„Der Trend geht hin zu immer mehr Studierenden an Hochschulen und Universitäten. Kaum jemand geht nach der neunten oder zehnten Klasse ab, um ein Handwerk zu lernen“, sagt Thomas Sturm, Geschäftsführer der Kreishandwerkschaft Wesermarsch. Für ihn sei es wichtig, das Handwerk zu unterstützen sowie Aus- und Weiterbildungen zu fördern. Doch ab wann spricht man von einem Fachkräftemangel?
Mathematisch kann ein Fachkräftemangel nicht exakt bestimmt werden. „Es gibt lediglich einige Anzeichen, die auf einen Fachkräftemangel hindeuten“, sagt Claudia Zimmermann vom Pressemarketing der Arbeitsagentur Oldenburg-Wilhelmshaven. Im Idealfall kämen auf eine unbesetzte Stelle drei Arbeitslose – soweit die grobe Faustregel. Doch das war einmal. Der Fachkräftemangel betreffe inzwischen nicht nur Berufe wie Klempner oder Maurer, bei denen handwerkliches Geschick gefordert ist. Auch Bäcker werden dringend gesucht.
Ein ernsthaftes Anzeichen für Fachkräftemangel kann beim Verhältnis zwischen Stellenausschreibungen und Arbeitslosen ausgemacht werden. 20 ausgeschriebene Stellen und zugleich nur zwei Arbeitslose in diesem Bereich deuten für den ausgeschriebenen Beruf auf einen Fachkräftemangel hin. Die Anzahl der freien Stellen übersteigt die Anzahl Arbeitslosen.
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Die Vakanzzeit ist ein weiterer wichtiger Indikator. Das ist die Zeit zwischen einer frühestmöglichen Besetzung der Stelle und dem tatsächlichen Arbeitsantritt, heißt es von der Bundesagentur für Arbeit. Auch die Anzahl der Auszubildenden deutet auf einen Fachkräftemangel hin. Im Landkreis Wesermarsch sinkt die Zahl der Berufseinsteiger: Ende 2013 gab es insgesamt 606 Azubis in der Wesermarsch, 2018 waren es nur noch 582.
„Die Suche nach Auszubildenden wird heute immer schwieriger. Einige Ausbildungsplätze bleiben leider unbesetzt, da sich weniger junge Menschen für eine duale Berufsausbildung entscheiden“, sagt Wolfgang Jöhnk, Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung der Handwerkskammer Oldenburg. Den stärksten Fachkräftemangel verzeichnen hier Elektriker, Metallbauer und Kraftfahrzeugmechatroniker. Die Ursache des Rückgangs der Zahlen sieht Thomas Sturm in den immer umfangreicher werdenden Vorschriften und Gesetzesänderungen in diesen Ausbildungsberufen.