NORDENHAM Die neue Kreistagsmehrheit will dynamische Strukturen. Schulenberg muss nach 33 Jahren gehen.
von norbert hartfil NORDENHAM - Rudi Schulenberg hat gestern den wohl bittersten Tag seiner beruflichen Laufbahn erlebt. Am Vormittag war der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Wesermarsch-Klinik, Ernst Tannen, zu ihm gekommen, um ihm seine Abberufung als stellvertretender Krankenhaus-Geschäftsführer mitzuteilen. Schulenbergs überraschende Freistellung trat mit sofortiger Wirkung in Kraft. Unmittelbar nach der Übergabe des Bescheides musste er sein Büro räumen. Damit steht Schulenbergs Tätigkeit im Nordenhamer Krankenhaus nach 33 Jahren vor dem Ende. Auch sein Vorgesetzter, der seit Mai 2005 amtierende Verwaltungschef Rudolf Mintrop, verabschiedet sich von der Wesermarsch-Klinik allerdings auf eigenen Wunsch.
Schulenbergs Entlassung hatte am Vortag die neue Mehrheitsgruppe im Kreistag, bestehend aus CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen, beschlossen. Die im Kreisausschuss gegen die Stimmen der SPD getroffene Entscheidung setzte anschließend die Gesellschafterversammlung um. Als neugewählter Vorsitzender leitet Manfred Wolf (FDP) dieses Gremium; sein Stellvertreter ist Dr. Hans Schmid (CDU).
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Die Trennung von Rudi Schulenberg begründete Ernst Tannen, der auch Vize-Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion ist, in einem Pressegespräch mit unterschiedlichen Auffassungen bezüglich des Führungsstils. Die Unzufriedenheit sei besonders bei den Klinik-Ärzten aufgetreten.
Der 55-jährige Schulenberg ist bis auf Weiteres beurlaubt. Im nächsten Schritt soll die Vertragsauflösung vollzogen werden. Er hatte im September 2001 den Posten des Klinik-Direktors übernommen und war im Juli 2005 nach Mintrops Amtsantritt zur Nummer zwei herabgestuft worden.
Laut Tannen soll jetzt eine dynamischere Führungsstruktur aufgebaut werden. Wie die genau aussehen soll, will eine Arbeitsgruppe des Mehrheitsbündnisses festlegen. Angedacht ist eine Doppelspitze nach dem Vorbild der Ammerland-Klinik. Demnach gibt es künftig zwei Geschäftsführer, die für die getrennten Bereiche Organisation/Verwaltung und Medizin/Pflege zuständig sind.
Zum kommissarischen Geschäftsführer hat die Gesellschafterversammlung den bisherigen Personal-Chef der Klinik, Norbert Nöster, ernannt. Der gebürtige Nordenhamer (54) ist seit Juli 2005 ebenfalls Geschäftsführer der WMK Service GmbH, unter deren Dach der ausgegliederte Reinigungsdienst und das Küchenpersonal zusammengefasst sind. Der gelernte Bankkaufmann und Industriefachwirt hatte vor seinem Wechsel zum Nordenhamer Krankenhaus im September 2001 als Personalleiter bei den St.-Hedwig-Kliniken in Berlin gearbeitet. Er wohnt in Strücklingen.
Klinik-Geschäftsführer Rudolf Mintrop hatte bereits vor zwei Wochen darum gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Zu dem Schritt sah er sich aufgrund der gescheiterten Verhandlungen mit den leitenden Ärzten über die Umsetzung des Notlagen-Tarifvertrages veranlasst. Im Gegensatz zur Verdi-Gewerkschaft, die einer Vereinbarung für die Krankenhaus-Belegschaft zustimmte, sperrten sich die außertariflich bezahlten Mediziner gegen die Streichung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes in 2006 und 2007. Sie machten ihre Einwilligung von Veränderungen in der Führungsstruktur abhängig. Angesichts dieser Widerstände sah Mintrop, der auch Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg ist, keine Grundlage mehr für eine weitere Zusammenarbeit. Seine Kündigungsfrist läuft bis 30. Juni 2007. Ob die jetzt beschlossenen Maßnahmen zum Einlenken der Ärzte und eventuell auch zum Umdenken bei Mintrop führen, muss sich zeigen.