Seefeld Siebzigste Geburtstage müssen gefeiert werden – am besten mit vielen Gästen und großem Programm. Das gilt nicht nur für Menschen, das gilt auch für Vereine. Doch die Corona-Krise hat dem Landfrauenverein Seefeld einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht: Heute feiert niemand mit vielen Gästen und großem Programm.
Der 1. April 1950 war ein Sonnabend, ein ganz normaler Arbeitstag damals. Ob der Landfrauenverein Seefeld wirklich genau an diesem Tag gegründet wurde, kann heute niemand mit Gewissheit sagen. Aber dieser Tag ist als offizieller Gründungstermin in die Annalen des Vereins eingegangen.
Heizmaterial im Gepäck
Schon seit Februar hatten sich Bäuerinnen aus Seefeld und umzu regelmäßig im Deutschen Haus, dem heutigen Dorfgemeinschaftshaus, getroffen, um die Gründung vorzubereiten. Wer dabei sein wollte, musste gemahlenen Kaffee, Kuchen und Heizmaterial mitbringen, erzählt die heutige Vorsitzende Heike Barre. Die neue Bundesrepublik Deutschland war erst ein paar Monate alt, und das Wirtschaftswunder hatte noch nicht begonnen.
Einwilligung und Werberichtlinie
Ja, ich möchte den täglichen NWZonline-Newsletter erhalten. Meine E-Mailadresse wird ausschließlich für den Versand des Newsletters verwendet. Ich kann diese Einwilligung jederzeit widerrufen, indem ich mich vom Newsletter abmelde (Hinweise zur Abmeldung sind in jeder E-Mail enthalten). Nähere Informationen zur Verarbeitung meiner Daten finde ich in der Datenschutzerklärung, die ich zur Kenntnis genommen habe.
Die Zeit war karg, und dennoch herrschte Aufbruchstimmung. Fast alle Männer, die den Krieg überlebt hatten, waren wieder zu Hause, und die Frauen, die jahrelang kaum von den Höfen weggekommen waren, wollten mal etwas anderes sehen und hören.
Da kam die Landfrauenbewegung gerade recht. Sie bot Unterhaltung, Abwechslung, gemeinsame Erlebnisse und Bildung. Rund 50 Frauen, allesamt aus der Landwirtschaft, nahmen an der Gründungsversammlung im Deutschen Haus teil.
Zur Ersten Vorsitzenden wählten sie Luise Hedden, die zusammen mit ihrem Mann Ernst in Norderseefeld einen großen Bauernhof bewirtschaftete. Zweite Vorsitzende wurde Gertrud Kloppenburg, deren Mann Bernhard als Bürgermeister in die Geschichte der früheren Gemeinde Seefeld eingegangen ist. Schriftführerin wurde Christa Krause, aus deren Bauernhof an der Deichstraße das heutige Seminarhotel Kunze-Hof hervorgegangen ist.
Kalorien für Referenten
Schon damals spielten Vorträge eine wichtige Rolle im Vereinsleben. Und wie heute orientierten sich die Themen an den Bedürfnissen der Zeit. So ließen sich die Landfrauen neue Technik vorführen, etwa Dosenverschlussmaschinen oder Waschmaschinen. Auch moderne Rezepte wurden weitergegeben – etwa für Kartoffelmettwurst – eine mit Kartoffeln gestreckte Mettwurst – oder falsche Schlagsahne, die etwa aus Milch und Mehl hergestellt wurde und nicht aus wertvoller Sahne. Referenten freuten sich über eine nahrhafte Entlohnung – etwa eine schiere Mettwurst oder ein herrliches Stück Speck.
Auch Besichtigungen standen auf dem Programm – eine Kükenaufzucht zum Beispiel, in der wärmender Pferdemist an die Stelle der Glucke trat.
1951 richtete die Energieversorgung Weser-Ems (EWE) eine Schauküche in Brake ein; bis heute gehören Besuche in EWE-Infoküchen zu den beliebtesten Angeboten der Landfrauen.
Ebenfalls in den 50er Jahren entstand neben dem Deutschen Haus eine Gemeinschaftsgefrieranlage; in den 60er Jahren bekam dann jeder Haushalt eine eigene Kühltruhe. Jetzt wurde bei den Ernährungsvorträgen die Tiefkühlkost propagiert. In den 70er Jahren kamen Fertigmahlzeiten auf.
1973 wählte der Verein als Erster in der Wesermarsch einen kollegialen Vorstand: Anne Schaaf, Monika Fittje und Luise Coldewey teilten sich den Vorsitz, den bis dahin Luise Hedden und Gertrud Kloppenburg innegehabt hatten. 1992 zog Heike Barre in das Vorsitzendenteam an, zu dem noch Monika Fittje und Hildegard Breves gehörten. Hildegard Breves wurde 1994 von Anke Schomaker-Witbaard abgelöst, die 2008 starb.
Feier wird nachgeholt
Jetzt gehören dem Vorstand neben Heike Barre noch Christine Timmermann (Kassenwartin seit 2002), Gabriele Ackermann (Vorsitzende seit 2009), Elke Gerdes (Schriftführerin seit 2013) und Petra Warns (Vorsitzende seit 2016) an. Heike Barre wollte eigentlich am 8. April den Vorsitz an eine Nachfolgerin abgeben, doch daraus wird nichts, weil in Corona-Zeiten keine Jahreshauptversammlungen stattfinden. Deshalb wird sich die Übergabe um ein paar Monate verzögern.
Aber der 70. Geburtstag mit Schnitzelbuffet und Auftritt der Gruppe Tidenton soll nachgeholt werden – möglichst noch in diesem Jahr.