Oldenburg 15 Spieltage sind in der Fußball-Bundesliga absolviert, Zuschauer sind schon lange keine mehr dabei. Bis Ende Oktober kamen noch einige Besucher in die Stadien (manche Clubs hatten von Beginn an vor leeren Rängen spielen müssen), seitdem gibt es aufgrund der Corona-Maßnahmen durchweg Geisterspiele. Wie wirkt sich das Ausbleiben der lautstarken und farbenfrohen Unterstützung auf die Ergebnisse aus?
An den ersten 15 Spieltagen (135 Partien) holten die Heimmannschaften 176 Punkte. Die Auswärtsteams schnitten besser ab, sie holten 188 Punkte. Das ist eine bemerkenswerte Bilanz, wenn man sie mit den Daten der Vorsaison vergleicht. An den ersten 15 Spieltagen der Saison 2019/20, als von Corona in Deutschland noch keine Rede und ein Bundesligastadion stets gut gefüllt war, holten die Heimmannschaften 212, die Gastmannschaften dagegen nur 164 Zähler. In der aktuellen Saison 2020/21 gab es bislang 45 Heim- und 49 Auswärtssiege. 2019/20 hatte das nach 15 Spieltagen anders ausgesehen, damals waren 61
Heim- und 45 Auswärtserfolge verzeichnet worden. Auffällig waren in der laufenden Spielzeit die Ergebnisse des achten Spieltags Ende November: In den neun Partien gab es keinen Heim- dafür aber fünf Auswärtserfolge sowie vier Unentschieden.
Eine wissenschaftliche Erklärung für dieses Phänomen gibt es (noch) nicht. Denn vor der Corona-Pandemie und den Geisterspielen waren Sportwissenschaftler mehr und mehr davon ausgegangen, dass es den klassischen Heimvorteil durch lautstarkes Publikum eigentlich nicht gibt. „Wenn es um das Resultat von Fußballspielen geht, bringen die Zuschauer und deren Anzahl nichts“, sagte beispielsweise Prof. Dr. Bernd Strauss von der Universität Münster über die Auswertung von Zuschauerzahlen und Spielergebnissen aus mehreren Jahrzehnten. Vielmehr sei der Anteil von Zufällen bei Fußballspielen sehr hoch. Die Anzahl von Heimsiegen sei zudem seit Jahren rückläufig.
Dennoch wird der (inzwischen weggefallene) Heimvorteil weiterhin beschwört – und hier und da steckt wohl wirklich etwas dahinter. Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt beklagte jüngst, dass ihm ohne Zuschauer die Anspannung fehle. Er sprach mit Verweis auf das leere Weserstadion von einer „emotionalen Diaspora“. Spieler bemühen zudem oft den „zwölften Mann“, wenn sie über das Publikum sprechen. Und wenn die eigene Mannschaft diese Verstärkung nicht habe, klappe es eben nicht so mit dem Gewinnen im eigenen Stadion.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ hatte im Spätsommer die Ergebnisse verschiedener Profiligen aus der Zeit vor dem Frühjahrs-Lockdown und der Phase nach der Wiederaufnahme analysiert. Auch damals war in der deutschen Bundesliga plötzlich eine höhere Zahl von Auswärtssiegen zu beobachten. In der italienischen Serie A trat das Gegenteil ein: Die Zahl der Heimsiege wuchs. Das gleiche Phänomen machte die NZZ in der Schweizer Super League aus, wo nun auch mehr Heimsiege als vorher verzeichnet wurden.