Vor ein paar Wochen musste Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) um sein Amt fürchten. Umfragen sahen ihn hinter der Grünen-Herausforderin (und Koalitionspartnerin) Katharina Fegebank. Der Trend gegen die SPD hat sich aber nicht fortgesetzt. Tschentscher baute seinen damals denkbar knappen Vorsprung auf einen komfortablen aus. Und gewann die Bürgerschaftswahl 2020, die planmäßig einzige Landtagswahl des Jahres. Balsam, wenn nicht Rückenwind für die SPD, die zuletzt nach Wahlen Wunden lecken musste.
Wie viel Thüringen steckt in Hamburg? Die CDU in Hamburg hatte schon vor der missglückten Ministerpräsidentenwahl in Thüringen wenig Aussichten, an einer Regierung in Hamburg beteiligt zu werden. Jetzt schnitt sie noch schlechter ab als 2015, es reichte gerade noch für ein zweistelliges Ergebnis, ein Desaster. Personal und Zustand der Partei sind die Ursachen.
Die FDP hatte in Hamburg guten Grund zu fürchten, dass ihr Herumlavieren mit der AfD vom Wähler nicht goutiert wird. Dabei muss man wissen, dass die Mehrheit der FDP-Anhänger die Kemmerich-Wahl in Thüringen gar nicht schlimm fand. Nicht wenige FDP-Anhänger halten Thomas Kemmerichs Rücktritt für einen Fehler.
Für die Grünen ist ein nominell starkes Ergebnis in Hamburg herausgesprungen. Sie sind nach den Stimmengewinnen Wahlsieger. Sie hatten allerdings auch den Anspruch, die Erste Bürgermeisterin zu stellen. Das ist klar gescheitert. Eindeutiger Wahlsieger, trotz Stimmenverlusten, ist der in Oldenburg aufgewachsene Peter Tschentscher, der mit einem unprätentiösen Politikstil und nachweisbaren Erfolgen beim Wohnungsbau Vertrauen aufbaute. Und die Wähler maßen der SPD sogar die Kompetenz zu, die Verkehrsprobleme der Hansestadt zu lösen – noch vor den Grünen.
Wie viel Hamburg nutzt der SPD im Bund? Nach einer gewonnenen Wahl sind erstaunlicherweise auch jenseits der Ländergrenzen alle Sieger. Aber Erfolge helfen dem Selbstbild und dem Image. Und nach einer Serie von Pleiten und Rückschlägen darf die SPD wieder Zuversicht fassen: Die SPD kann noch Ergebnisse über 30 Prozent einfahren. In drei norddeutschen Ländern stellt sie den Ministerpräsidenten. Die Zuversicht wird freilich durch das Wissen getrübt, dass die Krise nun bei der anderen großen Volkspartei angekommen ist und die genauso kopflos agiert wie einst die SPD im Wahljahr 2017.
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