Hannover Erneute Panne bei den niedersächsischen Sicherheitsbehörden: Aus dem Auto eines Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) sind bereits am 8. Mai Akten mit sensiblen Daten über Vertrauensleute der Polizei gestohlen worden. Die Unterlagen lassen Schlüsse auf die Arbeit des Beamten und die Art seiner Informationsbeschaffung zu. Dies geht aus einem erst jetzt verschickten Bericht des Innenministeriums in Hannover an den zuständigen Landtagsausschuss hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Das Landeskriminalamt nahm zu dem Vorfall zunächst nicht Stellung. Das Innenministerium kündigte für diesen Freitag eine mündliche Unterrichtung der Ausschussmitglieder durch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) an.
Laut Bericht arbeitet der Beamte, aus dessen privatem Wagen die Aktentasche gestohlen wurde, im Dezernat für operative Informationsbeschaffung und führt dort V-Leute. Das „V“ steht für „Verbindung“ oder „Vertrauen“. V-Leute sind also Verbindungs- oder Vertrauenspersonen. V-Leute arbeiten beispielsweise für die Polizei. Sie informieren über geplante oder begangene Verbrechen. Ihre Tätigkeit als Informanten erstreckt sich insbesondere auch auf politisch extreme Organisationen. Im Gegensatz zu einem „verdeckten Ermittler“, der meist Beamter der Polizei oder einer anderen staatlichen Behörde ist, sind die V-Leute Privatpersonen. Sie gehören der Szene an, über die sie Informationen an die Behörden weitergeben und erhalten Geld dafür.
Laut NDR soll der Beamte im Bereich Islamismus tätig gewesen sein. Dem Sender zufolge besteht der Verdacht, dass es mit den Dokumenten möglich sein könnte, die V-Leute des LKA zu enttarnen.
Wie aus dem Ministeriumsbericht hervorgeht, verlief die Suche nach den Akten zunächst erfolglos. Drei Tage nach der Tat habe ein Angler die Aktentasche in einem Teich südlich von Hannover gefunden. Während Bargeld und EC-Karte des Beamten fehlten, waren die „offensichtlich nicht gelesenen Unterlagen“ in der Tasche. Bisher sei kein Sicherheitsschaden erkennbar.
Offenbar hatte das Ministerium erst die Recherchen des NDR zum Anlass genommen, den Innenausschuss zu informieren. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marco Genthe, verurteilt „den Versuch, den Vorfall zu verheimlichen“ und fordert eine lückenlose Aufklärung.
Auch die Innenexpertin der Grünen im Landtag, Julia Willie Hamburg, ärgert sich über die „viel zu späte Information“. Aus ihrer Sicht hätte der Innenausschuss „sofort“ unterrichtet werden müssen. Zudem spricht die Oppositionspolitikerin nach der schweren Panne beim niedersächsischen Verfassungsschutz im Herbst von einem „Systemversagen“. Damals war ein V-Mann in der Göttinger Studentenszene aufgrund organisatorischer Fehler im Geheimdienst enttarnt worden. Behördenchefin Maren Brandenburger musste zurücktreten.