Delmenhorst Noch im Januar soll der niedersächsische Landtag ein Gesetz verabschieden, das es Gemeinden und Städten erleichtert, gegen Wohnraumspekulanten vorzugehen. Das kündigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag bei einem Besuch im Delmenhorster Stadtteil Wollepark an.
Das Wohnraumschutzgesetz findet auch die Zustimmung von Delmenhorsts Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD), der in dem sozialen Brennpunktviertel genug unliebsame Erfahrungen mit Wohneigentümern gemacht hat, denen der Zustand der Wohnungen egal ist. Bund und Land haben die Stadt in der Vergangenheit mehrfach finanziell unterstützt, damit sie Wohnblöcke kaufen und abreißen lassen kann.
Jahnz kündigte den Kauf zweier weiterer Wohnblocks an, eine Einigung mit den Eigentümern stehe an. Dann sollen auch diese Wohnblocks abgerissen werden. Auf dem Areal soll wieder Wohnbebauung entstehen, freilich ganz anders als die Bestehende – vielstöckige Mietskasernen aus den 70ern. „Wir wollen den Stempel Wollepark weghaben“, gab Jahnz als Parole aus. Das neue Wohnquartier soll andere Wohnformen und Dienstleistungen wie Kindertagesstätten, Sportanlagen und Begegnungsmöglichkeiten aufweisen, kündigte er an.
Allein für Integration – im Quartier gibt es 47 Nationalitäten – hat das Land kürzlich 495 000 Euro bereitgestellt, die für Sprach- und Umweltbildung verwendet werden sollen.
„Moin zusammen“, begrüßt Ministerpräsident Weil die Runde aus Bürgern, Rats- und Verwaltungsmitgliedern sowie Journalisten, die sich am Montag vor dem Gebäude Wollepark 12 eingefunden hatten, um den Ministerpräsidenten bei seinem Rundgang durch den Wollepark und das anschließende Gespräch mit Bewohnern im Stadtteiltreff zu begleiten.
Sechsmal sei Weil schon in Delmenhorst gewesen, hat Oberbürgermeister Jahnz nachgezählt, „aber ich war noch nie im Wollepark“, sagt Weil. Als ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Hannover mit teils ähnlichen Wohnstrukturen sei ihm die Problematik in Wohnquartieren wie dem Wollepark aber bekannt.
Den Besuch Weils nutzt Barbara Stolberg aus Delmenhorst, um dem Ministerpräsidenten direkt ihre Wünsche zu übermitteln. Sie arbeitet in einem Servicebüro im Wohnquartier: „Wir leisten Alphabetisierung auf niedriger Schwelle und halten die Mütter an zu guter Ernährung“, sagt Stolberg. Ihre Bitte an den Ministerpräsidenten: Das Land möge „die Mittel für soziale Brennpunkte so ausbalancieren, dass wir Projekte fortsetzen können“.
Nach dem Gang vorbei an den verbliebenen Wohnblocks an der Straße Am Wollepark geht der Weg durch den Wollepark, der einst der private Park des Fabrikanten Carl Lahusen (Wollkämmerei) bis zum Stadtteiltreff. Dort sind Tische vorbereitet, an denen Bewohner des Quartiers wie Meciae Aygün oder Mila Hartung auf ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten warteten. Quartiersmanagerin Erika Bernau kümmert sich um das Stadtteilzentrum. Ihre Erfahrung: Die Bewohner des Viertels, etwa 2000 leben nach Angaben der Stadt Delmenhorst dort, wünschen sich, „dass das Wohnen besser wird, dass es vernünftige Vermieter, Sicherheit und Sauberkeit gibt“.
Sie selbst hat noch ein viertes großes Thema: „Ich finde, dass Bildung total wichtig ist.“ Unter den 2000 Bewohnern gibt es 47 Nationalitäten, „und wir sollen hier erfolgreich Integration machen“, sagt sie zu der Mammutaufgabe. Jede Bemühung und Investition käme im Übrigen der Stadt Delmenhorst zugute, wie auch das Nachbarschaftszentrum, in dem Weil, der Landtagsabgeordnete Deniz Kurku (SPD), Oberbürgermeister Jahnz und Bürgermeister Enno Konukiewitz mit Bewohnern plaudern. Für Quartiersmanagerin Bernau gibt es zu wenig Kindergartenplätze. Es könne nicht sein, dass es nur eine Kita in der Nähe gebe und Kinder keinen Kindergartenplatz gehabt hätten, wenn sie eingeschult würden.
Weil wechselt die Tische, sodass er mit mehreren Bewohnern ins Gespräch kommt. Sein erster Eindruck: „Ich habe gut gelaunte Menschen kennengelernt, es gibt hier unterschiedliche Angebote. Gut ist, dass es ein Forum gibt, wo gemeinsam beraten wird“, sagt der Ministerpräsident.
Ob die Bewohner von den mittlerweile abgerissenen Häusern vom Wollepark ins Düsternort-Viertel gezogen sind? Oberbürgermeister Jahnz widerspricht der Darstellung, das sei in Einzelfällen wohl geschehen, sei aber keine generelle Entwicklung.