Luanda An Superlativen mangelte es Isabel dos Santos selten. Als reichste Frau Afrikas machte die älteste Tochter von Angolas einstigem Langzeitpräsidenten José Eduardo dos Santos Schlagzeilen, ihr Vermögen wurde von Forbes auf knapp zwei Milliarden Euro taxiert. Jahrelang feilte die heute 46-Jährige bei Auftritten an ihrem Image als Selfmade-Milliardärin, die es nur dank harter Arbeit an die Spitze geschafft hat.
Doch jetzt rücken journalistische Enthüllungen und auch juristische Ermittlungen dieses Image in ein anderes Licht. Kritikern zufolge waren viele Jahre vor allem Nepotismus und Misswirtschaft Grund für die ungleiche Verteilung des Wohlstands, der eine kleine Elite des ölreichen Staates begünstigte.
Vetternwirtschaft
Ein Gericht in Angola hat die Vermögenswerte von Isabel dos Santos zum Jahreswechsel wegen Korruptionsvorwürfen eingefroren. Hintergrund sind Ermittlungen in Verbindung unter anderem mit der nationalen Ölfirma Sonangol, als deren Direktorin Isabel dos Santos im Sommer 2016 von ihrem Vater eingesetzt worden war.
Der Schritt war weithin als Fall von offensichtlicher Vetternwirtschaft kritisiert worden – ein Vorwurf, den auch der investigative internationale Medienverbund ICIJ nach Auswertung von ihm zugespielten Dokumenten („Luanda-Leaks“) erhärtet sieht. Dabei handelt es sich um rund 715 000 Unterlagen aus dem Inneren der Dos-Santos-Geschäfte. Rund 120 Journalisten aus 20 Ländern werteten diese gemeinsam aus, unter anderem in Deutschland der NDR, der WDR und die „Süddeutsche Zeitung“.
„José Eduardo dos Santos hat Angola wie seine persönliche Farm behandelt“, erklärte der angolanische Menschenrechtsanwalt Salvadore de Freire dem ICIJ. Der NDR schreibt in einer Erklärung: „Mehr als 400 Firmen in 41 Jurisdiktionen haben Isabel dos Santos und ihr Umfeld in den vergangenen Jahren gegründet, fast 100 davon in Steueroasen wie Malta, Mauritius und Hongkong.“ Immer wieder hätten diese Firmen von öffentlichen Aufträgen in Angola, von Beratertätigkeiten und von Darlehen profitiert.
Geldtransfers
Bei den rechtlichen Untersuchungen geht es um dubiose Geldtransfers. Von dem Justizentscheid sind nach den Angaben zufolge auch Isabel dos Santos’ Ehemann Sindika Dokolo und ein Geschäftspartner des Paares betroffen. Der Schritt folgt auf eine einstweilige Verfügung der Regierung in Luanda, die etwa 1 Milliarde Euro von der Investorin und ihren Mitarbeitern zurückfordern will.
Ihren Anhängern galt Isabel dos Santos lange Zeit als Inspiration. Geboren wurde sie in der damaligen Sowjetunion, wo ihr Vater als Mitglied der Befreiungsorganisation und späteren Regierungspartei MPLA ein Ingenieurstudium absolvierte. Nach ihrem Technik-Studium in London arbeitete sie vorübergehend bei einer Beratungsfirma, bevor sie in der Heimat ihres Vaters Unternehmen gründete. Ihr verzweigtes Firmenimperium mit Beteiligungen an Banken, Mobilfunkfirmen und Einkaufszentren nahm nach ihrer Darstellung seinen Ausgang mit einer Beteiligung an einer Strandbar.
Ihre Probleme begannen, nachdem ihr Vater nach 38 Jahren an der Macht im September 2017 zurückgetreten war. Schon zwei Monate später wurde sie durch den neuen Präsidenten João Lourenço als Sonangol-Chefin entlassen. Der hatte im Wahlkampf versprochen, die Korruption zu bekämpfen. Isabel dos Santos selbst bestreitet alle Vorwürfe gegen sie und ihre Partner und spricht von einer Schmutzkampagne.