Berlin Die neuen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wollen schmerzhafte Kompromisse mit dem Koalitionspartner künftig weniger als Erfolg verkaufen. Zu häufig habe man sich Zufriedenheit verordnet und den Parteimitgliedern gesagt: „Was wir als Kompromiss erreicht haben, ist alles, was wir wollten“, sagte Walter-Borjans.
Diese Kultur wolle er ändern. „Ich möchte, dass gilt: Selbst ein 70 Prozent volles Glas ist auch zu 30 Prozent leer.“ Die SPD könne sich für Erreichtes natürlich auf die Schulter klopfen, „aber man darf auch sagen, dass man gern noch mehr erreichen würde“.
Zuletzt hatte sich vor allem Vizekanzler Olaf Scholz immer wieder darüber aufgeregt, dass mit der Union mühsam ausgehandelte Kompromisse etwa zum Klimaschutz durch Kritik in der SPD kleingeredet würden. Walter-Borjans sieht das anders. „Ich glaube, dass die Anerkennung des Erreichten nicht schmilzt, sondern wächst, wenn man als Partei deutlich macht, dass man immer noch ein Stück weiter will“, sagte er.
Ex-SPD-Chef Martin Schulz sagte „Zeit online“ hingegen: „Ich glaube, viele in unserer Partei haben kapiert, dass wir vom Grundsatz her etwas verändern müssen. Die Partei hat ein Mentalitätsproblem: der mangelnde Stolz auf das Erreichte und das übertriebene Lamentieren über das Nichterreichte.“