Oldenburg
Lobbyregister? Nein danke. Lange wehrte sich die Bundes-CDU gegen mehr Transparenz im Bereich der Nachverfolgung von Kontakten zwischen Lobbyisten und Politikern. Es gebe kein Defizit in diesem Bereich, hieß es bis vor Kurzem.
Doch die Affäre um Unionspolitiker Philipp Amthor, der sein Mandat möglicherweise gezielt für Lobbyarbeit eines US-Unternehmens einsetze, hat vieles verändert. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kündigte kürzlich ein Ende der Blockadehaltung an.
Wie ein solches Register aussehen könnte, ist noch nicht klar. Vereine wie Lobbycontrol fordern eine öffentlich einsehbare Datenbank, aus der unter anderem hervorgeht, welche Lobbyisten Politiker beraten haben und wer der Auftraggeber ist. Gesetzesinitiativen von Grünen und Linken zielen ebenfalls in diese Richtung (siehe Infokasten).
Doch wie steht die CDU-Basis zu diesem Thema?
Im Nordwesten ist die Meinung dazu gespalten. Das geht aus einer NWZ-Anfrage unter fünf CDU-Parlamentariern hervor.
CDU-Politiker Albert Stegemann aus dem Wahlkreis Mittelems sieht ein Lobbyregister weiterhin kritisch. Es handele sich um ein komplexes Thema, heißt es aus seinem Abgeordnetenbüro. Bisherige Ansätze eines Registers seien noch keine zufriedenstellende Lösung, dennoch habe er sich noch keine abschließende Meinung gebildet.
Stephan Albani erklärte auf Anfrage, man sollte den eingeschlagenen Weg zu mehr Transparenz weitergehen. Was damit genau gemeint ist, geht aus der Antwort nicht hervor. Eine Nachfrage blieb bisher noch unbeantwortet. Gegenwärtig bestehe die Pflicht zur namentlichen Registrierung von Lobbyisten im Bundestag, die Zutritt zu den Räumlichkeiten hätten. Welche zusätzlichen Vorgaben der Transparenz dienten, das werde in dieser Wahlperiode noch diskutiert, heißt es in der ersten Antwort.
Gesprächsbereitschaft signalisiert dagegen die CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher aus Cloppenburg. Sie stehe der Einführung offen gegenüber. Genauer wollte sie dazu aber nicht Stellung nehmen. Ähnlich äußerten sich Astrid Grotelüschen, Abgeordnete für den Landkreis Oldenburg, Wesermarsch und Delmenhorst sowie Gitta Connemann, langjährige CDU-Abgeordnete für Ostfriesland. Letztere sagte, ein Register dürfe aber gemeinnützige Vereine, Stiftungen und Verbände nicht auslassen. „Denn dahinter verbergen sich zum Teil profunde wirtschaftliche Interessen.“
Wann es zu einer möglichen Abstimmung über ein solches Register kommt, ist unklar. Laut CDU-Generalsekretär Ziemiak soll im Herbst darüber gesprochen werden.
Am Sitz der Bundesregierung gibt es laut Abgeordnetenwatch 5000 bis 7000 Lobbyisten. Eine genaue Zahl gibt es nicht. Bisher gibt es ein Lobbyregister für Interessensverbände, auf freiwilliger Basis. Die drei Oppositionsparteien haben bereits Anträge gestellt - einige Kernaussagen.
GRÜNE (Antrag vom 21. Februar 2018): Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, einen Gesetzentwurf zur Errichtung eines verbindlichen öffentlichen Registers für Interessenvertreter (Lobbyregister) vorzulegen. In dem Register wird deren Tätigkeit im Bereich von Bundesregierung und Bundestag erfasst.
Es muss eine Pflicht zur Registrierung geben, wobei der Begriff Interessenvertreter beziehungsweise Lobbyist noch zu definieren wäre.
Das Register hält auch Arbeitgeber oder Auftraggeber genau fest, Angaben zu Interessengebieten sowie Daten zum Gesamtbudget und zu den Hauptfinanzierungsquellen.
Das Register muss öffentlich zugänglich sein und es muss einen Verhaltenskodex ausweisen. Die Vorlagen, an denen Lobbyisten mitgewirkt haben, müssen entsprechend gekennzeichnet werden. Und es muss Sanktionen geben bei Verstoß gegen den Verhaltenskodex.
LINKE (Antrag vom 24. Oktober 2017): Registrierungspflichtig beim Bundesbeauftragten für politische Interessenvertretung sind die Personen, die schriftlich, mündlich, oder elektronisch Funktionstragenden eine Information, Stellungnahme, ein Gutachten oder einen Vorschlag übermitteln, der zu Gesetzentwürfen, Rechtsverordnungen oder Finanz- und Haushaltsvorlagen einen inhaltlichen Bezug aufweist.
Das Register muss natürlich öffentlich zugänglich sein.
Registrieren lassen muss sich auch derjenige, der einen Dritten zu solchen Beratungen im weitesten Sinne veranlasst.
Vor einer Anhörung hat jeder externe Sachverständige eine Erklärung über seine unmittelbaren und mittelbaren Interessen im Zusammenhang mit der Anhörung abzugeben. Das nennt die Linke „Interessenerklärung und legislative Fußspur“. Erfolgshonorare werden verboten.
FDP (Antrag vom 10. Dezember 2019): Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Lobbyliste beim Bundestagspräsidenten als Teil eines Interessenvertretungsgesetzes zu einem Transparenzregister weiterzuentwickeln, das sowohl Lobbykontakte mit den Abgeordneten des Bundestages als auch mit der Bundesregierung und dem Bundesministerium umfasst.
Im Zentrum soll die Offenlegung der Finanzierungsquellen der jeweiligen Interessenvertretungen stehen.
Alle Formen der Interessenvertretung müssen gleich behandelt und erfasst werden: neben Unternehmensvertretern und Verbänden auch NGOs, Stiftungen und Gewerkschaften.
Ein Lobbyregister darf nicht zu einer ausufernden Bürokratie führen. (dpa)