Die Freude der deutschen Springreiter über ihre Bronzemedaille im Mannschaftswettbewerb war riesig – und das vollkommen zurecht. Das Team kann stolz auf den dritten Platz sein, auch wenn der eine oder andere aufgrund der guten Ausgangslage vor dem Entscheidungstag vielleicht von noch mehr geträumt hatte.
Allerdings hat man wieder einmal gesehen, dass die Spitze im Springreiten so eng beieinander ist wie lange nicht. Gleich fünf, sechs Nationen hatten das Potenzial, um Gold zu reiten – bei so einer Leistungsdichte ist am Ende auch immer ein bisschen Glück dabei im Spiel, ob die Stange nach einer leichten Berührung nun herunterfällt oder liegenbleibt. Die Deutschen sollten sich also nicht grämen. Alle Pferde sind super gesprungen, das war von allen eine sehr gute Leistung.
Herauszuheben ist dabei jedoch Ludger Beerbaum, der mit seinem fehlerlosen Ritt überhaupt erst das Stechen um Bronze ermöglicht hat. Unter diesem enormen Druck einen solchen Auftritt abzuliefern, war absolute Weltklasse.
Noch höher ist seine Leistung zu bewerten, wenn man bedenkt, dass Beerbaum seinen Wallach Casello erst seit einem Dreivierteljahr auf Turnieren reitet. Dies zeigt einmal mehr, welch ein herausragender Reiter er ist.
Dass sich Beerbaum nicht für das Einzelfinale an diesem Freitag qualifizieren konnte, tut mir persönlich natürlich leid. Erst recht, nachdem er am Donnerstag seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet hat. Die Bronzemedaille mit der Mannschaft war für ihn ein würdiger Abschluss. Ludger hat das deutsche Springreiten in den vergangenen 30 Jahren geprägt wie kein anderer.
Auch ohne Beerbaum sehe ich sehr gute Chancen für die Deutschen im Einzel, sogar Gold ist absolut möglich. Christian Ahlmann ist mit Taloubet Weltranglistenerster, Daniel Deußer und First Class sind Weltcup-Dritter geworden. Meredith Michaels-Beerbaum hat ebenfalls genügend Klasse und Erfahrung, um mit Fibonacci ganz vorne mitzureiten.
Allerdings ist die Konkurrenz wie schon im Teamwettbewerb groß: Der US-Amerikaner McLain Ward präsentiert sich zum Beispiel auf Azur unwahrscheinlich stark. Auch den Emsbürener Rene Tebbel, der für die Ukraine startet, muss man auf der Rechnung haben. Er ist mit Zipper noch ohne Abwurf und macht einen sehr souveränen Eindruck bei diesen Olympischen Spielen.