Copiapó Die ganze Welt fieberte mit, als vor zehn Jahren 33 verschüttete Bergleute aus der Mine San José in der Atacama-Wüste in einer spektakulären Rettungsaktion an die Erdoberfläche geholt wurden. Über eine Milliarde Menschen verfolgten das „Wunder von Chile“ live im Fernsehen.
Heute aber fühlen sich viele der Kumpel verraten und verkauft. „Die Welt hat uns vergessen“, klagt der bolivianische Bergmann Carlos Mamani in der Zeitung „El Mercurio“. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern immer noch in Copiapó nahe der Mine. Zwei Jahre war er in psychologischer Behandlung, um sein Trauma zu überwinden. „Ich werde nie mehr unter Tage arbeiten“, sagt er.
69 Tage mussten die Männer in 700 Meter Tiefe ausharren, bis sie schließlich mit der eigens angefertigten Rettungskapsel „Phönix“ am 13. Oktober 2010 an die Oberfläche gebracht werden konnten.
José Ojeda hatte das erste Lebenszeichen nach oben geschickt, das die Familien im Camp „Esperanza“ (Hoffnung) aufatmen ließ. Heute geht es ihm schlecht. Er ist an Herz, Prostata und Nieren erkrankt, leidet unter Diabetes und hat psychische Probleme. Jonny Barrios hat eine Staublunge und ist wegen Corona seit Monaten in Quarantäne.
Hollywood verfilmte die Geschichte der 33 Bergleute mit Antonio Banderas und Juliette Binoche in den Hauptrollen, die Kumpel reisten um die Welt, selbst Actionfiguren der Männer wurden verkauft. Doch den Profit mit ihrer Geschichte machten vor allem andere. „Als wir herauskamen, haben sie uns große Projekte versprochen, aber jetzt stehen wir mit leeren Händen da“, sagte Schichtführer Luis Urzúa neulich. „Seit zehn Jahren versuchen wir nun, unsere Würde, unsere Rechte zurückzuerlangen.“
Die Mine San José wurde nach dem Unglück geschlossen, das Strafverfahren gegen die Betreibergesellschaft ohne Anklage eingestellt. Die Männer erhalten eine monatliche Rente von 315 000 Peso (335 Euro), die Hälfte ihres Einkommens als Arbeiter in der Mine. Gegen Entschädigungen der Männer in Höhe von 80 Millionen Pesos (85 000 Euro) hat die Regierung Berufung eingelegt, das Verfahren pausiert.
Kaum einer der 33 Kumpel arbeitet noch im Bergbau. Mario Sepúlveda hat in einer Spielshow gewonnen und mit dem Geld ein Zentrum für autistische Kinder gegründet. Daniel Herrera lernte eine Deutsche kennen und heiratete. Omar Reygadas und Franklin Lobos arbeiten als Fahrer.