Wildeshausen /Dötlingen Der Chef ist etwas nervös. Er wirft noch einmal einen skeptischen Blick auf die Uhr. „Wir warten auf den Frische-Lieferanten“, sagt Hans-Christian Vogelsang, Franchisepartner der Tank- und Rastanlage Wildeshausen-Nord. Der Lieferant sollte schon um 6 Uhr da sein. Mittlerweile sind einige Minuten vergangen. Eine funktionierende Logistik ist der Treibstoff für die Rastanlage an der Autobahn 1. Die „Stadt vor der Stadt“ will ihren Kunden rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, einen umfassenden Service bieten.
Auch wenn sich Brummis wie Autofahrer auf schmalen Spuren durch die Baustellen zwängen müssen: Auf der Rastanlage gibt es in diesem Sommer „null Engpässe“, wie Vogelsang versichert. Dabei erreicht der Eis-Verkauf derzeit neue Bestmarken. Renner im Buffet, das schon am Morgen mit sechs 10-Liter-Eimern Crush-Eis gekühlt wird, ist der selbst produzierte „Melonen-Cup“. Bei Familien sind Snacks und Getränke beliebt.
Um den Andrang auf die Raststätte abzuschätzen, helfen Vogelsang und seinem Team zwei Parameter: Wetterbericht und Verkehrsdurchsage. „Wir haben seit zwei Jahren eine extreme Baustellen-Situation“, weiß der 50-jährige Betriebswirt. „Wenn die Autofahrer den Stau zwischen dem Bremer Kreuz und Groß Ippener geschafft haben, kommen sie oft zu uns, um erst einmal durchzuschnaufen.“
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An diesem Morgen, es ist kurz vor 6 Uhr und nebelig, erwacht das Leben auf dem Rasthof erst langsam. Die Sattelzüge stehen auf einer Länge von mehreren hundert Metern in Reih und Glied. Einige Parkplätze sind noch frei. Ein Reisebus aus Wismar trifft ein. Die Fahrgäste reiben sich beim Aussteigen den Schlaf aus den Augen. Die Raststätte macht ein extra Frühstücks-Angebot für Reisegesellschaften. Mehrere Busunternehmen haben mit den Franchisenehmer der Raststätte dafür Verträge abgeschlossen. „Wir führen einmal im Jahr ein Gespräch“, so Vogelsang. Die Firmen teilen dann die Zahl der Frühstücksteilnehmer mit. „An manchen Tagen haben wir bis zu 250 Reservierungen.“
Qualität und Frische
Die Philosophie der Raststätte hat Vogelsang klar definiert: Qualität und Service müssen stimmen. Aus 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besteht das Team. Um 4 Uhr morgens, dann schließt gerade der „Burger King“ für die tägliche Grundreinigung, bereitet die Nachtschicht das Frühstück vor. Brötchen werden selbst gebacken. „Die ersten Lkw-Fahrer stehen schon um 4 Uhr an“, sagt Vogelsang. Vielfalt ist angesagt. Zwar stehe weiterhin Currywurst/Pommes auf der Speisekarte. Doch Fernfahrer seien ernährungsbewusster geworden und bestellen schon einmal Salat oder die beliebte Gemüsepfanne. Und es gibt Fitness-Fans: Immer wieder sieht Vogelsang Reisende, die erst einmal ein paar Runden übers Areal joggen.
Es ist inzwischen 6.40 Uhr . Mitarbeiterin Małgorzata Jagusz stellt die erste Suppe ans Buffet. Drei sind meist im Angebot: Hühnerbrühe, Gulaschsuppe und Erbsen-Eintopf. „Für hungrige Leute“, lacht sie. Gleich nebenan stehen drei junge Frauen aus Itzehoe an der Kasse. Eine hätte noch gern ein Käsebrötchen. Kein Problem. Silvia Diebel schmiert eines. Die Frauen bezahlen Kaffee und Brötchen, lösen ihre Bons von der Toilettenbenutzung ein und fahren weiter Richtung Westfalen. Inzwischen erfüllt der Duft von warmen Brezeln den Raum. Ein Kunde zapft sich ein Glas frisch gepressten Orangensaft.
Täglicher Kontrollgang
Kurz vor 7 Uhr bricht Vogelsang zu seiner morgendlichen Runde auf, um den Außenbereich auf Müll zu kontrollieren und mögliche Beschädigungen zu finden. An der Treppe hat sich eine Platte gelöst. „Das wird heute noch repariert“, sagt der Raststätten-Chef. Sicherheit ist ihm wichtig. Ein Großteil der Mitarbeiter hat eine Ersthelfer-Ausbildung. Es gibt regelmäßig Schulungen, etwa zum Brandschutz. Wenn Mitarbeiter der Tankstelle oder der Raststätte bemerken, dass Fahrer nicht mehr fahrtüchtig sind, weil sie gesundheitliche Probleme haben, informieren sie den Rettungsdienst. „Wir haben auch schon für Kunden, die regelrecht geschafft waren, ein Hotelzimmer organisiert“, so Vogelsang. Und bei technischen Problemen habe eine Mitarbeiterin im Kassenbereich eine Telefonliste von Werkstätten bereit liegen.
Es ist 7.30 Uhr: Die Metalljalousien des Shops im Erdgeschoss fahren mit einem sanften Rattern in die Höhe. Mitarbeiterin Ingrid Stöver rollt die Stehtische hinaus, prüft die Regale mit Süßwaren, Reiseführer und Getränken. Im Lager scannt Heidi Budde diverse Päckchen. „Beschädigte oder schlechte Ware wird sofort gesperrt“, erklärt Vogelsang, „und umgehend beim Lieferanten reklamiert.“ Im Kühlhaus kleben etliche Kontrollzettel an den Regalen, um den Bestand stets im Blick zu haben. Nur noch eine Melone liegt im Vorrat. Für die nächsten „Melonen-Cups“ in der Kühltheke des Restaurants ist Nachschub erforderlich.
In der Küche schneidet Małgorzata Jagusz eifrig Paprika, Zucchini, Pilze und Tomaten für die Gemüsepfanne. Die Flammen auf dem Gasherd flackern blau-gelb. Julia Korshak stellt die Körbe mit dem Gemüse auf den Tisch. Endlich! Der Frischelieferant ist vorgefahren. An der Rampe wirft Heidi Budde einen kritischen Blick auf die Körbe, die Alaa Hamdoun auslädt. Auf die fragenden Blicke seines Kunden war er vorbereitet. „Stau“, sagt Hamdoun nur und zuckt mit den Schultern.
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