Wüsting /Grummersort /Oldenburg Eigentlich geht es nicht um krumme Dinger. Manchmal kommen trotzdem welche raus. Das ist ganz natürlich.
Die dicke Moormöhre unter der dunklen Erdschicht ist allerdings ein vorbildliches Exemplar. Und in aller Munde. „Für unsere Karotten sind wir bekannt“, sagt Eike Frahm und pult Sand von der Wurzel. „Wir“ wird der Oldenburger allerdings erst im Mai.
Dann übernimmt der 30-Jährige mit zwei anderen Junglandwirten den Demeter-Hof in Grummersort. Mit Sack, Pack, Frau und Nachwuchs ziehen die Städter aufs Land. Mitten in Wüsting soll etwas neues, Großartiges wachsen.
„Dafür haben wir uns bis über die Ohren verschuldet“, sagt Eike Frahm und beißt sich auf die Lippen. Die 25 Mitarbeiter der biologisch-dynamischen Hofgemeinschaft werden übernommen, wenn die alt gewordenen Pächter in Rente gehen.
Bald auch 300 Hühner
Käserei, Backstube, Felder und Gewächshäuser bleiben. Eins ist dazu gekommen. 28 Kühen und 30 Schweinen werden bald 300 Hühner Gesellschaft leisten. Der Demeter-Stempel darf weiter alle Produkte zieren. „Gestern haben wir Radieschen gesät, Rauke und Spinat gepflanzt – jetzt müssen wir abwarten“, sagt der Landwirt.
Bei Planung mitreden
„Wir“ sind in diesem Fall rund 50 Menschen. Und es werden mehr. Die Hofgemeinschaft soll eine Solidarische Landwirtschaft werden: Kühe, Schweine, Felder, Gemüsebeete, Kartoffelacker, Obstbäume gehören nicht nur den Pächtern. Wer Mitglied ist, zahlt einen monatlichen Beitrag, darf bei der Planung mitreden, Wünsche einbringen – und bekommt eine satte Belohnung:
Für monatlich 180 Euro
„Für monatlich 180 Euro gibt es wöchentlich drei Kilo Gemüse, ein Kilo Kartoffen, ein Brot, vier Eier und Erzeugnisse aus acht Litern Milch“, sagt Eike Frahm. Im Sommer ist die Ausbeute etwas größer, zur Winterzeit sorgt Lagerware – Kohl, Kartoffeln und andere Knollen – für Vitaminnachschub.
Abholen im Depot
Abholen können sich die Anteilnehmer ihre Rationen in Depots. Derzeit sind drei in den Stadtteilen Eversten, Neu-Donnerschwee und Osternburg angedacht. Die Garagen- oder Kellerräume sind mit Kühlschränken, Regalen und Waagen ausgestattet. Wer keine Rote Beete mag, kann mit dem Kohlrabiverächter tauschen, Sonnenblumenkernbrote dürfen mit Roggenlaiben geteilt werden – die Mitglieder organisieren und bestimmen nach ihrem Geschmack. Alles gut durchkalkuliert: Seit 2015 wird das Projekt geplant, Initiatorin ist Ilka Wäsche.
Wie die Regionalpromotorin des Ökumenischen Zentrums war Eike Frahm damals einer von den Großstädtern, die sich nach regional-bäuerlicher Landwirtschaft – eben den Wurzeln – sehnten.
„Ich glaube, das ist was die Menschen wollen“, sagt der 30-Jährige. Bei der Suche nach einem kooperierenden Hof hat er sich dann entschieden, zwischen Stall und Ackerland Wurzeln zu schlagen – oder zu ziehen. Auf die Moormöhren freuen sich neben der zehnköpfigen Gründungsgruppe, die sich alle zwei Wochen trifft, 45 Oldenburger, die bereits Mitglied sind. Im E-Mail-Verteiler warten weitere 240 Interessenten.
Aus alllen Schichten
„Aus allen Bevölkerungsschichten“, sagt Eike Frahm – „Studenten, Professoren, Ruheständler. Menschen, die diese Art der Landwirtschaft richtig finden, denen es wichtig ist, was sie essen und welche ökologischen Fußabdrücke sie hinterlassen.“
Durchs Feld in Wüsting stapfen dürfen die Mitglieder übrigens auch gerne mal. „Nur nicht dauernd – jeder macht, was er am besten kann“, sagt der Landwirt. Für ihn heißt das: „Nahrung anbauen, die auch verbraucht wird.“
Dazu gehören natürlich auch krumme Dinger. „Wer einmal selbst Möhren ausgebuddelt hat, weiß auch die schiefen zu schätzen“, sagt Eike Frahm. Mit Solidarischer Landwirtschaft sind viele Probleme gegessen.