Jens Nerkamp (30): Ja, kann man so sagen. Da sollte auch jetzt so sein (lacht).
Nerkamp: Im Frühjahr und im Frühsommer war meine läuferische Performance leider nicht so wahnsinnig gut. Ich hatte öfter mal eine Erkältung und Grippe mit Fieber, so dass ich gar nicht in Form gekommen bin und meinen eigenen Erwartungen hinterhergelaufen bin. Dann hatte ich vor, bei den Deutschen Meisterschaften über 5000 Meter zu starten. Es hat sich aber herausgestellt, dass die Grundlage dafür auch gefehlt hat. Meine Zeiten über 10 Kilometer haben sich so um 31 Minuten bewegt. Das war dann doch etwas zu schwach, um die 5000-Meter-Norm von 14:25 Minuten zu rennen. Und dann habe ich Ende Juni beschlossen, ab dem 1. Juli Marathon-Training zu machen – aber ohne Druck zu schauen, wohin das geht.
Nerkamp: Das lief super. Seit dem 1. Juli bin ich mehr als 2000 Kilometer gelaufen. Ich konnte im Prinzip alles machen, was ich geplant hatte. Es gab nur ganz kleine Zipperlein, die aber nie schlimm waren und mich am Training gehindert haben. Eine einzige Einheit habe ich mal ausfallen lassen. Und am Donnerstag habe ich meine Abschluss-Einheit gemacht, und die lief herausragend. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich.
Nerkamp: Ich bin nach lockeren 15 Kilometern die zweiten 15 Kilometer im angepeilten Renntempo gelaufen, und die bin ich im Schnitt von 3:09 Minuten pro Kilometer gelaufen. Das würde auf eine Zeit von unter 2:14 hinauslaufen, das ist aber trotzdem nicht meine Zielansage – denn das waren nur 15 Kilometer. Aber diese Einheit zeigt immer ganz gut, ob man gut gearbeitet hat oder nicht.
Nerkamp: Genau. Ich werde auf jeden Fall in Richtung unter 2:17 anlaufen. Mal schauen, ob ich eine gute Gruppe finde, die in dem Bereich oder etwas schneller anläuft. Bis 1:07 auf Halbmarathon kann ich mir vorstellen, dass ich das dann komplett durchlaufen kann.
Nerkamp: Ja, das wäre natürlich geil. Aber wie gesagt, man braucht eine Gruppe, und wenn die auf eine Zwischenzeit von 1:07:30 oder 1:08 bei 21 Kilometer unterwegs ist, ist das auch gut, dann versuche ich eben am Ende, noch etwas schneller zu werden. Die ersten 30 Kilometer, das ist auf jeden Fall der Plan, muss ich relativ ruhig bleiben. Und dann muss ich die letzten 12 Kilometer eben entweder das Tempo halten, wenn es hoch ist – oder eben etwas schneller werden. Man darf sich auf den ersten 30 Kilometern nicht zu sehr belasten. Das war zum Beispiel mein Fehler in Düsseldorf damals, da ist bei Kilometer 25 ein Konkurrent schneller geworden und wir sind da mitgelaufen. Und das war ja mein Marathon-Debüt. Das hat mich einiges an Kraft gekostet, da hätte ich die Verfolgung etwas langsamer aufbauen müssen. Dann habe ich bei Kilometer 32 Krämpfe bekommen. Aber im Bereich von 2:15 bis 2:17 zu laufen, traue ich mir zu – wenn denn alles gut läuft.
Nerkamp: Die Tagesform natürlich. Dann, dass man in der Woche davor nicht mehr zuviel macht. Dass man sich vernünftig ernährt und genug trinkt, auch vorher schon. Da spielen schon eine Menge Faktoren eine Rolle, zum Beispiel auch das Wetter, aber vom Trainingsstand bin ich auf den Fall so gut drauf wie vor Düsseldorf – und da hatte ich eine schnellere Zeit als 2:17 in den Beinen. Aber da habe ich eben Anfängerfehler gemacht, die ich jetzt – hoffentlich – nicht mehr mache.
Nerkamp: Ich habe einen Mix aus einem Kohlenhydrat-Getränk und Salztabletten, wo auch Mineralien wie Kalium und Magnesium drin sind. Ich hoffe, damit kriege ich dann dieses Mal keine Krämpfe.
Nerkamp: Das ist ganz einfach: ich wollte einfach versuchen, eine schnelle Zeit zu laufen. Berlin ist ja ohnehin ein Marathon, den man auf der Liste hat. Und dazu ist es die schnellste Strecke der Welt. Und jedes Jahr laufen viele Leute dort Bestzeiten. Dieses Jahr ist zum Beispiel auch Kenenisa Bekele aus Äthiopien am Start, eines meiner Vorbilder.
Nerkamp: Genau, deshalb werde ich sicher nicht viel von ihm sehen (lacht). Aber in Berlin sind ja viele schnelle Läufer am Start. Wenn schon so ein Zug in diesen Rennen ist, wird man oft auch besser mitgezogen. Es ist dann auch gut, wenn man am Ende noch ein paar Leute einsammeln kann, die langsamer werden.
Nerkamp: Ich habe eine Liste bekommen mit den Eliteläufern. Der Organisator meinte, es sind fast 100 Männer am Start mit Bestzeiten zwischen 2:12 und 2:18. Und wenn ich richtig Glück habe, habe ich auch noch die schnellsten Frauen neben mir. Die sind letztes Jahr auch unter 2:18 Stunden gelaufen, und die gehen in Berlin ja oft so ein schnelles Tempo an.
Nerkamp: Ich hätte zum Beispiel auch vorletztes Wochenende in Kassel laufen können. Da kann man auch schnell laufen. Aber da muss man eben zwischen Kilometer 30 und 35 einen längeren Berg hoch. Und wenn man das nicht ins Training einbaut, kann das eben schwierig werden. Über so etwas wollte ich mir aber keinen Kopf machen. Ich hatte auch eine Anfrage aus Köln, aber da war das Feld ein bisschen dünn. Da läuft zwar Hendrik Pfeifer, aber da mitzugehen, wäre wohl Kamikaze für mich. Der wird wohl versuchen, die Olympia-Norm anzugreifen, also 2:11:30 Stunden. Das sind 3:07 pro Kilometer. Hoffen wir mal, dass er dann auch zu Olympia kommt, und sich nicht wieder verletzt – so wie 2016.
Nerkamp: Viele Europäer wollten nicht bei WM laufen und haben sich gar nicht bemüht, die Norm zu laufen. Denn selbst, wenn der Start in Katar nachts wäre, wären die Bedingungen in der Wüste sehr schwierig. Da wollten sich die meisten im Jahr vor Olympia nicht kaputt machen – was ich verstehen kann. Ich hatte mir sogar auch eine Zeit lang ausgemalt, Olympia-Norm für Tokio 2020 zu laufen. Da habe ich aber noch – wie viele andere – gedacht, die läge wieder bei 2:14, wie 2016.
Nerkamp: Ja. Man kann sich zwar auch über die Weltrangliste qualifizieren, das ist aber ziemlich kompliziert. Ich habe das noch ein bisschen im Hinterkopf, falls es in Berlin überragend läuft. Ich würde dann aber vor Olympia noch einen Marathon laufen müssen, im Frühjahr. Und das wird sehr schwierig, zwei überragende Marathons so dicht hintereinander zu laufen, wenn man eben nicht die ganz professionellen Bedingungen hat, dass man jederzeit zum Physiotherapeuten kann oder ins Trainingslager fahren. Es bleibt wohl nur ein Traum.
Nerkamp: Naja, nachdem der DLV 2016 auf 2:14 hochgegangen ist – und die Norm des Weltverbands da noch bei 2:19 oder so lag, um das Feld vollzubekommen – ist bei einigen aus der zweiten Reihe schon Hoffnung aufgekeimt. Als dann rauskam, dass der Weltverband die Norm auf 2:11:30 gesetzte hat, war das schon ein Nackenschlag für einige. Es gibt zwar noch die Möglichkeit über die Weltrangliste, aber das ist so kompliziert und für deutsche Athleten – die im Jahr vor Olympia zwei Marathons zusätzlich zu Tokio laufen müssen – sehr hart. Ich kenne mich mit den Läufern anderer Nationen nicht so gut aus. Für den ein oder anderen ist 2:11 sicher ein erreichbares Ziel – für die deutschen Läufer ist es schon recht ambitioniert.