Rastede Pausen sind eine gute Sache, im Arbeitsalltag oft ratsam, vor allem wenn es danach mit neuer Kraft weitergeht: Ein Jahr lang hat sich Sylvia Meining Zeit genommen, ist nunmehr „ganz entspannt“, wie sie versichert, und meldet sich zurück. Das Theater Orlando im Rasteder Palais, die kleinste Bühne Niedersachsens, feiert am 6. November wieder Premiere – mit einem Stück über den Märchendichter Hans Christian Andersen (1805–1875).
„Schwefelholz & neue Kleider oder: Eine märchenhafte Reise“ heißt das Stück, das Meinings langjähriger Schauspielpartner Ulf Goerges (62) verfasst hat, sein drittes in der gut 30-jährigen Geschichte des einzigartigen Zimmertheaters. Und wie immer haben beide zur Vorbereitung der Produktion viel recherchiert, besuchten sie nicht nur die Andersen-Ausstellung „Poet mit Feder und Schere“ in der Bremer Kunsthalle, sondern auch das Andersen-Museum in Odense.
Abstecher nach Rastede
Der Aufenthalt in Dänemark ermöglicht es sogar, parallel eine kleine Ausstellung im Palais einzurichten. Für Andersen ist es gewissermaßen der zweite Besuch: Während seines Aufenthaltes in Oldenburg im Jahr 1847 hatte er auch einen Abstecher nach Rastede gemacht und fand den Ort „grün und freundlich“.
Ausgangspunkt des neuen Stückes ist eine Frau auf einer Parkbank, zu der sich ein Mann setzt. „Andersens Mutter“, erklärt die Theaterleiterin (66). Der Dichter wurde 1805 als Sohn des verarmten Schuhmachers Hans Andersen und der alkoholkranken Wäscherin Anne Marie Andersdatter in Odense geboren. Als der Junge elf Jahre alt war, starb sein Vater, mit 14 machte er sich auf nach Kopenhagen.
Die Annäherung zwischen Andersen und seiner Mutter auf der Bühne wird immer wieder unterbrochen von kurzen Märchen-Sequenzen, die Goerges eingestreut hat – Szenen aus „Die Schneekönigin“, „Der Schatten“, „Des Kaisers neue Kleider“ oder aus „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“.
Das klingt nach Aufwand und vielen Rollenwechseln, die unter der Leitung des langjährigen Regisseurs Björn Kruse umgesetzt werden müssen. „Das sind tatsächlich wieder mehrere Rollen und ein große Herausforderung“, bestätigt Sylvia Meining. Aber glücklicherweise nicht ganz so viele wie in dem Stück „Tour des Farce“, der bisher letzten Produktion, in dem sich Meining und Goerges zehnmal verwandelt hatten.
Weniger Vorstellungen
Die letzten Vorstellungen mussten krankheitsbedingt ausfallen. Diesmal soll das anders werden, will Sylvia Meining kürzertreten. Nicht mehr 60 bis 80 Vorstellungen in der Saison von November bis April, sondern nur noch 40 sind geplant. „Ich spüre einfach meine Grenzen“, sagt sie, „und brauche auch ein bisschen Zeit für mich.“ Aber auf die neue Produktion freut sie sich schon sehr.
Immerhin haben die Theaterleiterin und ihr Team das 1988 gegründete Theater Orlando mit seinen knapp 40 Quadratmetern zu einem Kleinod mit großer Außenwirkung gemacht, das Besucher aus der gesamten Weser-Ems-Region anlockt. Über eine knarrende Holztreppe geht es hinauf in den Goldenen Salon des herzoglichen Palais’, der für jede Vorstellung umgeräumt wird: Tagsüber ist der Raum Teil des Museums, abends werden Fenster und Wände mit Vorhängen bedeckt und 30 Stühle für die Theaterbesucher aufgestellt. Für mehr ist kein Platz. Dafür sind die Schauspieler zum Greifen nah, entgeht dem Publikum keine Geste.
Wie es mit dem Theater Orlando weitergeht, ist allerdings noch unklar, da es Renovierungspläne für das Palais gibt. Wie sich die gestalten, muss die Theaterleiterin abwarten. Und zur Not, sagt sie, noch immer ganz entspannt, „mache ich halt noch einmal ein Jahr Pause“.