Neumann: In der klassischen Definition wahrscheinlich nicht, weil er ohne riesigen Aufwand zustande kam und weil er nur eine Geschichte zwischen ein paar Menschen erzählt.
Neumann: Das ist großes Ausstattungskino. Da sehe ich Schauwerte ohne Ende, das ist Breitwandkino.
Neumann: Das ist ein großer kleiner Film. Der hat Qualität, auch ohne großes Budget.
Torsten Neumann: Schwierige Frage. Manchmal möchte ich gar nicht in solchen Kategorien denken, es ist gefährlich, den Wert eines Films an seinen Produktionskosten festzumachen. Wir hatten vor Jahren mal wirklich viel Erfolg mit den von uns produzierten „99-Euro-Films“. Im Zuge der digitalen Demokratisierung des Filmemachens haben wir etablierte Regisseure gebeten, Kurzfilme für uns zu drehen, einzige Bedingung, nicht mehr als 99 Euro auszugeben. Daraus sind dann zwei Kompilationsfilme entstanden, die jeweils in Spielfilmlänge auf Festivals wie der Berlinale und Locarno und danach auch im Kino gelaufen sind. Das war das Prinzip, ohne viel Geld innovativ zu sein und ein Publikum zu erreichen.
Neumann: Im Grunde sehr sogar, aber es gab ein Ereignis, das mir sehr in Erinnerung geblieben ist. Als der zweite Film, „99-Euro-Films – Europe“ im Kino startete, gab es tatsächlich die Kritik im Feuilleton der FAZ: Der Film sei das Eintrittsgeld nicht wert, einfach weil das ein Low-Budget-Film war. Aber den Wert eines Films kann man nicht am Finanzaufwand messen! Wir sind doch nicht auf dem Jahrmarkt.
Neumann: Ganz einfach: Es gibt gute und schlechte Filme. Und hoffentlich wissen wir das immer gut zu unterscheiden.
Neumann: Nein, wir versuchen wieder, es zu einem besonderen Festival zu machen. Wir sollten uns nicht zu sehr selbst feiern, die Filme sind das Wichtige. Und da hilft dann allerdings die Erfahrung von 25 Filmfestivals. Wir haben einen guten Ruf, das spricht sich zudem rum.
Neumann: Auch der Publikumsgewinner war sogar ein russischer Film! Wir waren immer schon sehr offen. Unser Profil und unsere Qualität haben wir aber nach wie vor durch sehr enge Kontakte mit dem US-Kino. Da sind wir erfolgreich, da kann Oldenburg sogar Begeisterung auslösen, anderswo auf der Welt ist das ja leider nicht so.
Neumann: Ja. Hier ist alles viel konventioneller und festgefahrener. Viele sind sich zu fein, mit uns zu reden. Da muss es gleich Berlin, Cannes oder Venedig sein. In den USA sind die Produktionsfirmen viel zugänglicher – Oldenburg bedeutet da schon was. Da haben wir ein schönes Netzwerk gesponnen.
Neumann: Interessanterweise hat man am Anfang geglaubt, man würde mehr politisches Kino aus Amerika sehen. Das ist aber nicht der Fall. Das US-Kino, habe ich manchmal den Eindruck, lebt offenbar auf einem eigenen Planeten. Die haben einen anderen Zugang zum Erzählen, die setzen viel mehr auf Entertainment. Das europäische Kino neigt ja oft dazu, die Botschaft, gern auch politisch, an die oberste Stelle zu stellen. Da ist dann die Botschaft auch die Geschichte. Das finde ich für das Publikum ziemlich entmündigend. Das ist im US-Kino besser – und dann kommen halt ab und zu sehr aufregende und kluge politische Filme dabei raus. Wir werden in diesem Jahr auch solche Filme in Oldenburg entdecken können.
Neumann: Wir haben den Film 2018 ins Programm genommen, weil wir überzeugt waren und sind, dass Sienna Millers Leistung als Hauptdarstellerin darin sehr besonders ist. Ein Film ist nicht nur das Werk einer Person. Und vielleicht sollte man auch mal das Werk vom Autor trennen, aber vielleicht ist das auch schon nicht mehr erlaubt. Es ist doch seltsam: In Venedig auf dem Festival bekam der Streifen hervorragende Kritiken, nach den Vorwürfen verschwand der Film in der Versenkung. Die Debatte ging mir damals auch zu weit, weil es gleich Vorverurteilungen hagelte.
Neumann: Mir fällt auf, dass einem noch nichts auffällt. Es gibt kein drängendes Thema. Im Moment sichte ich Filme, die sich trauen, mal etwas ganz anders zu erzählen – das, zumindest, freut mich sehr. Denn es ist in der Branche nicht üblich. Man darf sich wieder auf ungewöhnliches, frisches Kino freuen!