Oldenburg In puncto Humor ist Dieter Schwalm ein Fachmann, schon von Berufs wegen. Dennoch zitiert der Mitbegründer des Oldenburger Lappan Verlages zur Unterstützung auch gern mal einen großen Griechen wie Aristoteles: „Lachen ist eine körperliche Übung von größtem Wert für die Gesundheit“. Damit sei der griechische Gelehrte (367 v. Chr. bis 347 v. Chr.) der Forschung um ein paar tausend Jahre voraus gewesen. Grund genug für Schwalm, dem Cartoon eine sichere Zukunft zu prophezeien. Und wie zum Beweis schreiben Lappan und die Frankfurter Buchmesse gerade den Deutschen Cartoonpreis 2019 aus.
3000 Einsendungen
Das „Urgestein“ des Lappan Verlages ist inzwischen 65 Jahre alt. Der Verlag, sagt er, sei heute nur noch ein Label des Hamburger Carlsen Verlages, nachdem dieser sein Humor-Programm aufgegeben hat. Er selbst hat mittlerweile „keine Funktion mehr“, wie er betont, und hört am 1. Dezember ganz auf. Carlsen ermögliche ihm einen „sehr weichen Übergang“ ins Rentendasein. Nur das Lappan-Programm mit Uli Stein, Deutschlands erfolgreichstem Cartoonisten, wird er weiterhin betreuen. Ebenso wie die Herausgabe der „Besten Bilder“. In diesem satirischen Rückblick werden jeweils die besten Cartoons des vorherigen Jahres veröffentlicht – die Vorauswahl für den Deutschen Cartoonpreis. Jedes Jahr urteilt die dreiköpfige Jury über 3000 Einsendungen.
Schwalm hat nicht nur Erfahrung, sondern auch den Überblick. Cartoons seien heute „deutlich politischer“ als früher, sagt er, und spiegelten eine gesellschaftspolitische Entwicklung wider. Je mehr sich Themen wie Klimawandel und Flüchtlingskrise zuspitzten, desto mehr würden darüber Witze gemacht. Was für Schwalm nur logisch ist: „Lachen befreit.“ Die Grenze zwischen Blödelcartoons und politischer Karikatur sei fließend geworden.
Zu den aufstrebenden Cartoonisten, die vor fünf Jahren noch nicht im Band der „Besten Bilder“ vertreten waren, gehören für ihn Dorthe Landschulz, die in der Bretagne lebt und unter anderem auf Stern.de veröffentlicht, Hannes Richert aus Berlin, der eher kleine Comics zeichnet, und Kittihawk, ebenfalls aus Berlin, die ihre Cartoons unter anderem im „Spiegel“ veröffentlicht.
Sich lustig machen
Daneben nennt er bekannte Namen, die schon lange im Cartoon-Geschäft sind und immer noch ihren Biss haben – Gerhard Glück aus Kassel (Jahrgang 1944) etwa oder Peter Butschkow (Jahrgang 1944), Autor von mehr als 150 Büchern und Kalendern.
Das sei ja wissenschaftlich erwiesen, sagt Schwalm, dass Lachen gut für Körper und Seele sei. Und den Cartoon als äußeren Anreiz werde es immer geben – in welcher Form auch immer. Sich über andere lustig machen zu können, sei ein elementarer Ausdruck von Freiheit und „gehört zu unserer Kultur“. Anderswo könnte das unangenehme Folgen haben und im schlimmsten Fall den Kopf kosten.
Der vorherige Band der „Besten Bilder“ (Band 9/2018) dokumentiert bereits die zunehmende Politisierung der Cartoonisten, von der Dieter Schwalm berichtet. Alle Politgrößen finden sich dort, Merkel und Seehofer, Trump natürlich, der auf die britische Queen zustürzt – „Lizzy, altes Haus“ (Harm Bengen) –, Plastikmüll in den Weltmeeren, Flüchtlinge, die aus Bayern ins zerbombte Syrien zurückkommen – „Immerhin keine Schweinshaxe mehr!“ (Mock) –, NSU, Wohnungsnot und Bienensterben.
Nicht zu vergessen der Islam, der „gehört nicht zu Deutschland“, trompetet ein Orient-Tourist vor einer Moschee einem Einheimischen in weißem Kaftan entgegen. Cartoon-Zeichner Gymmick (Tobias Hacker) lässt diesen ganz cool antworten: „Das hier ist Marokko, Du Lauch“.