Jade Auf der Bundesstraße 437 vor dem Gebäude brettern die Autos in Richtung Varel oder Nordenham vorbei. Ein paar Wiesen gibt es noch bis zum Deich vorm Jadebusen, Nachbarhäuser sind weit weg, und der Himmel weint auch noch. Hier ist die flachste Landschaft aller flachen Landschaften. Hier ist nichts los. Und trotzdem lockt das mächtige alte Gulfhaus auf der Ecke mit seinem bäuerlichen Charme die Kunstfreunde an.
Die Galerie Schönhof in Jade existiert seit 20 Jahren, hat die Stürme der Zeit und den Tod des Gründers und Motors der Galerie, Jochen Heumann, überstanden und gehört nun beispielhaft zu jenen ländlichen Galerien, die in der Region zum Begriff geworden sind – und wo schon mal ein paar hundert Gäste zu einer Vernissage kommen.
Mit Udo Lindenberg
Wibke Heumann: „Wir können uns nicht beklagen – und das Ganze rentiert sich auch noch!“ Von solchen Sätzen kann manche städtische Galerie nur träumen. Wibke Heumann (51), eigentlich Grundschulrektorin in Golzwarden/Brake, führt mit ihrer Mutter (77) und auch ihrem Bruder Tammo (49) zusammen charmant die Galerie. Jeder, erklärt sie, hat so seine Schwerpunkte: Der Bruder organisiert und hängt die Bilder auf, Wibke Heumann pflegt mit der Mutter die Kontakte zu Künstlern, und die Mutter kümmert sich besonders über das Thema Lithografie. Und alle zusammen entscheiden, welcher Künstler zu einer Ausstellung eingeladen wird: „Das ist ein richtiger Familienrat!“
Die Ausstellungsräume im ehemaligen Bauernhaus mit über 1000 Quadratmetern Grundfläche sind großzügig und robust gehalten, teilweise sieht man das mächtige holzige Ständerwerk, aktuell läuft im kuschelig-bäuerlichen Hauptraum bis zum 13. Januar eine Schau mit Bildern von Michael Schreiber. Zu sehen waren, wird dem Besucher stolz erklärt, in der Galerie Schönhof unter anderem schon so regional verwurzelte Künstler wie Klaus Beilstein oder Puck Steinbrecher.
Man ist gut vernetzt und national und international tüchtig unterwegs: Gezeigt wurden schon Arbeiten von Günter Grass, Markus Tollmann, Armin Mueller-Stahl oder von Christo und Jeanne-Claude. Nein, sagt Wibke Heumann, die waren nicht alle auch zu der Eröffnung ihrer Schau da. Aber viele von ihnen, ja fast alle, haben trotzdem ihre deutlichen und dauerhaften Spuren hinterlassen. Denn es gibt eine Spezialität, die seit der Gründung der Galerie vor 20 Jahren gepflegt wird: Jeder ausstellende Künstler soll bitte einen Stuhl bemalen. Um die 120 sind es bereits, jeder ist ein Unikat.
„Mancher Künstler“, erklärt Wibke Heumann, „ hat sich viel Mühe mit dem Stuhl gegeben.“ Mancher weniger. Udo Lindenberg hat 2009 „Cool auf dem Stuhl“ gekritzelt und ein Bildchen von sich dazu gezeichnet. Elvira Bach hat erkennbar einen Stuhl schön gestaltet, sogar Christo ist dabei. Ein Stuhl hat so etwas wie Flügel bekommen. Und auf allen, wirklich allen, betont Wibke Heumann, kann man auch gut sitzen. Etwa bei einer Vernissage mit 400 Gästen.
Kunst vermitteln
Nur Bilder zu zeigen, wäre dieser familiär geführten Galerie zu wenig. „Wir wollen“ erläutert Wibke Heumann, „den Menschen die Kunst näher bringen.“ Dazu gehören als Kunstvermittlung Lithografiekurse und Führungen. Eintritt wird nicht genommen, wer die Kunst allein genießen will, wird auch allein gelassen. Die Werkstätten mit ehrwürdiger Litho-Presse wirken topgepflegt, Ferien- und Künstlerwohnungen gibt es auch. Nach und nach und immer wieder neu wird das alte Haus saniert. Kurzum: Die Galerie hat keine Probleme. Und das ist was ganz Seltenes.