BERLIN Gerade erst lief „Verblendung“ im Kino, da gibt es schon ein Remake nach dem Mega-Bestseller von Stieg Larsson. Braucht es noch einen Film? Immerhin ist die Gefahr groß, die Fans der schwedischen Krimitrilogie zu enttäuschen. Aber US-Regisseur David Fincher („Sieben“) macht es richtig. Das Ermittlerduo ist genial besetzt: Rooney Mara ist als Hackerin Lisbeth Salander mindestens genauso gut wie ihre Vorgängerin Noomi Rapace. Und „James Bond“-Darsteller Daniel Craig kann als investigativer Journalist Mikael Blomkvist glänzen – eine Rolle mit weniger Testosteron als sein Agent 007.
Den Part des harten Kerls hat bei Larsson eine Frau. Lisbeth Salander, Wunderkind mit Tattoos und Punk-Klamotten, legt atemberaubende Stunts hin und donnert mit dem Motorrad durch die verschneiten schwedischen Wälder. Mara ließ sich für die Rolle piercen und die Augenbrauen bleichen – eine fast überirdische Erscheinung. Craig dagegen darf seine zarte Intellektuellenseite zeigen: Im Filmbett schläft eine Katze bei ihm, manchmal baumelt ihm die Hornbrille vorm Gesicht.
Der Plot bleibt dicht am Buch, wobei sich Fincher stark auf die Figuren konzentriert, weniger auf die Ermittlungen. Auch wer den Inhalt schon kennt, fiebert dank der Charaktere wieder mit. Missbrauch, Korruption, Liebesaffären, eine Industriellen-Familie mit Nazi-Vergangenheit: Larsson hat viel in die Vorlage gepackt. Den phänomenalen Erfolg seiner drei Krimis hat der Schwede nicht mehr erlebt. Larsson, ein Journalist wie Blomkvist, starb 2004 im Alter von 50 Jahren an einem Herzinfarkt.
„Verblendung“ bleibt wie der Vorläufer des dänischen Regisseurs Niels Arden Oplev zweieinhalb Stunden lang dicht am Buch. Blomkvist soll dem Industriellen Henrik Vanger (Christopher Plummer) helfen, den Mord an seiner Nichte Harriet aufzuklären, die in den 60er Jahren spurlos verschwunden war.
Die Kamerafahrten sind spektakulär, die Farben düster. Und, ein dickes Plus, der Thriller wurde in Schweden gedreht. Das ist gut so, denn die Wurzeln der Geschichte sind unverkennbar schwedisch.