Berlin Er war Ur-Berliner Gestein: -ky alias Professor Dr. Horst Bosetzky wurde in Köpenick geboren, wuchs in Neukölln auf, lebte in Charlottenburg und Frohnau und Wilmersdorf. Allein über die Berliner S-Bahn konnte der Schriftsteller und Ex-Hochschullehrer stundenlang reden. Über die Wagentypen, das Gewaltsame des Antriebs, die Geräusche, die sozialen Vorgänge, die sinnlichen Eindrücke: „Da sehe ich die Leute, höre ihnen zu, rieche sie.“
Nun ist der Bestsellerautor, einer der erfolgreichsten deutschen Krimiautoren, mit 80 Jahren nach langer Krankheit gestorben.
Der Mief Berlins hängt über seinen mehr als 60 Büchern, zumeist Krimis, hat ihrer Wirkung aber nie geschadet. „Selbst ins Chinesische hat man einige meiner Bücher übersetzt“, wusste er einmal bei einem Besuch zu erzählen. Und dass er keinen Cent dafür bekommen hat. Was den Auflagenmillionär schon seit langer Zeit am meisten ärgerte? Weniger das Geld, sondern was alle ärgert: dass wir sterblich sind.
Ganz offensichtlich war das Faszinierende seiner Persönlichkeit identisch mit einer Mischung aus verhaltenem Stolz und offen zur Schau getragenem Leid, das sich traurig in seinen blauen Augen spiegelte. Wer sich dem Mann näherte, den verblüffte, was hinter der Fassade des Erfolgs zum Vorschein kam: Ärger über versäumte Chancen (aus der Zusammenarbeit mit dem späteren Hollywood-Regisseur Wolfgang Petersen hätte mehr werden können), die körperlichen Beschwerden, Rückenleiden, Gallensteine, manche Krebs-OP. Ach, kein Sieger trat da auf einen zu. Andererseits war Bosetzky fleißig, aktiv, unruhig.
Er war ein Morgenmensch und Schnellschreiber. Erst absolvierte er eine Lehre bei Siemens. Sein Studium der Soziologie schloss er dann 1969 mit einer Promotion ab. Vier Jahre später war er Professor an der Fachhochschule für Rechtspflege in Berlin. Arbeiten zu „Problemen des Strafvollzugs“ bereiteten den Boden für die Sozio-Krimis. Kollegen waren es, die den Braten in den 70er Jahren rochen. -ky: Das Pseudonym (besonders von rororo-Thrillern) wackelte, obwohl Bosetzky die Urheberschaft tapfer leugnete. Eines Tages musste er die Flucht nach vorn antreten. Es war kein Scherz, als er am 1. April 1981 im Fernsehen das Pseudonym lüftete. Das Drehbuch- und Hörspielschreiben für Serien wie „Tatort“ oder „Soko 5113“ hatte er sich da längst beigebracht.
Bis zuletzt ist er ein Altlinker geblieben. Der prüde Spießbürger war ihm ein Graus, in seinen Krimis hat er ihn geteert und gefedert. 1971 war „Zu einem Mord gehören zwei“ erschienen, der erste -ky-Krimi mit Kommissar Mannhardt. In den letzten Jahren faszinierten ihn historische Stoffe und die eigene Familiengeschichte – natürlich mit Bezug auf Berlin.