Berlin /Wien Während sich rechte Parteien in den von Covid-19 stark betroffenen Staaten eher darauf beschränken, das Krisenmanagement zu kritisieren, solidarisiert sich ein Teil der Rechtspopulisten in Staaten, die bisher recht glimpflich davonkamen, mit Corona-Zweiflern. Erfolgreich ist keine Strategie.
In Deutschland wirft die AfD den Verantwortlichen vor, sie schränkten die Freiheitsrechte der Bürger zu stark ein. In der Partei driften die Meinungen in puncto Infektionsgeschehen jedoch auseinander. Man konnte das nach der Demonstration in Berlin feststellen, wo sich Tausende weder um Abstandsgebot noch Maskenpflicht scherten. Jörg Meuthen betonte, wer gegen die „teilweise drastischen Maßnahmen“ aufgrund der Corona-Pandemie demonstriere, dürfe nicht pauschal als „Covidiot“ verunglimpft werden. Gleichzeitig positionierte sich der AfD-Chef gegen Verschwörungstheoretiker. Dem AfD-Bundestagsabgeordneten Hansjörg Müller gefiel das nicht. Der Vize des bayerischen Landesverbands erklärte, es wäre Aufgabe der AfD gewesen, in Berlin „ganz vorne in erster Reihe mit zu demonstrieren“.
In Österreich stellt sich die FPÖ auf die Seite derjenigen, die die Schutzmaßnahmen für völlig überzogen halten. Im April startete sie eine Petition gegen den „Corona-Wahnsinn“. Doch die Trümpfe liegen in der Krise bei der konservativ-grünen Regierung. Fast kein Tag vergeht, ohne dass sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) oder Minister als Krisenmanager positionieren. Zeichen dafür, dass die kernigen Sprüche, wie sie die FPÖ beherrscht, aktuell weniger gefragt scheinen. Sie ist in den Umfragen mit zwölf Prozent auf Platz vier abgerutscht.
In Italien erlebt Matteo Salvini einen „bitteren Sommer“ (die Zeitung „La Repubblica“). Der Chef der rechten Lega hat als Oppositionschef an vielen Fronten zu kämpfen: innerparteilich, juristisch und um Wählerzuspruch. Aktuell steht die Lega bei 25 Prozent oder darunter. Sie ist damit zwar weiter stärkste Einzelkraft, doch Salvini hat viele Probleme. Ihm drohen zwei Prozesse wegen der Blockade von Schiffen mit Migranten. Innerparteilich ist ein Konkurrenzkampf mit dem sehr populären Regionalpräsidenten von Venetien, Luca Zaia, zu beobachten. Salvini, von Anhängern auch „Capitano“ genannt, versucht es nun mit dem Argument, dass Migranten eine große Gefahr für neue Covid-19-Ausbrüche seien. Nicht erfreulich für ihn auch, dass eine andere Ultrarechts-Partei an Popularität zugelegt hat – die Fratelli d’Italia. Aktuell sehen Umfragen die „Brüder Italiens“ bei bis zu 18 Prozent.
Das Rassemblement National (früher: Front National) unter Marine Le Pen warf Präsident Emmanuel Macron vor, die Bevölkerung nicht ausreichend vor dem Virus geschützt zu haben. Die 52-Jährige bringt sich bereits für die Präsidentenwahl 2022 in Stellung. Den von Macron maßgeblich mitgestalteten EU-Gipfeldeal für den wirtschaftlichen Wiederaufbau hält Le Pen für die schlimmstmögliche Abmachung und den Einstieg in eine EU-Steuer. Mit Dauerkanonaden in Richtung Élyséepalast versucht sie auch, eigene Schwächen der extremen Rechten zu verdecken. Bei den Kommunalwahlen Ende Juni machten Grüne und ihre Verbündeten aus dem linken Lager Schlagzeilen und gewannen große Städte wie Lyon oder Straßburg.