Oldenburg Seit 14 Jahren trägt sie das VfL-Trikot, doch an eine solche Quote konnte sich Julia Renner nicht erinnern. „Nee, das weiß ich wirklich nicht“, meinte die 32-jährige Nummer eins des VfL Oldenburg mit einem Lächeln, angesprochen darauf, ob sie jemals in ihrer Karriere schon fünf Siebenmeter in einer Bundesligapartie abgewehrt habe. Nach 60 Minuten gegen einen aggressiv agierenden Aufsteiger aus Ketsch standen sage und schreibe 20 Paraden auf dem Statistikblock. Diese Leistung war am Sonntagnachmittag aber auch nötig gewesen, um den umkämpften 28:23 (12:11)-Sieg der VfL-Handballerinnen gegen die Kurpfalz Bären nach Hause bringen zu können.
Das sah auch ihr Trainer Niels Bötel so. „Wir hatten uns viel vorgenommen, natürlich hat nicht alles geklappt, aber unsere Mannschaft hat eine großartige kämpferische Leistung gezeigt“, lobte Bötel das ganze Team, das sich mit dem zweiten Saisonsieg in die WM-Pause verabschiedete und zugleich den Anschluss ans Tabellenmittelfeld herstellte. „Ich bin einfach nur erleichtert. Wir sind als Favorit in die Partie gegangen, haben uns zwischenzeitlich schwer getan, aber nie aufgesteckt. Jetzt können wir entspannt in die Pause gehen“, meinte Nationalspielerin Jenny Behrend, für die es nun zur WM in Japan (30. November bis 15. Dezember) geht.
Zum Spiel: Die Gastgeberinnen, die ohne die Langzeit-Verletzten Carina Aselmeyer und Lisa-Marie Fragge sowie Rekonvaleszentin Laura Kannegießer antraten, fanden zügig in die Partie. Die Gäste erzielten zwar den ersten Treffer, doch die VfL-Frauen übernahmen sofort die Initiative, setzten den Aufsteiger vor 1001 Zuschauern unter Druck und zogen auf 4:1 (8. Minute) davon. Das konnte auch die offensive Deckung des Neulings nicht verhindern. Und da auch Renner im Tor gleich drei Glanzparaden zeigte, kam der VfL-Express zunehmend auf Touren.
9:5 aus VfL-Sicht hieß es nach 18 Minuten, als die Oldenburger Fahrt abrupt gestoppt wurde. Nach einem unglücklichen Eingreifen in der Abwehr sah Kathrin Pichlmeier schon früh die Rote Karte (20.). Damit war das Abwehrkonzept von Trainer Bötel erst einmal hinfällig geworden, musste er doch jetzt den Mittelblock umbauen.
Der VfL tat sich nun sichtlich schwer, agierte gleich zweimal in Unterzahl und musste nach dem 9:9-Ausgleich sogar einen 9:10-Rückstand hinnehmen. Mit einem Kraftakt und zwei Toren von Helena Mikkelsen und Lana Teiken erzwang der VfL aber die 12:11-Pausenführung.
Im zweiten Durchgang entwickelte sich das erwartet intensive Spiel. Ketsch, mit einer gut aufgelegten Torfrau Leonie Moormann, kam stark zurück und ging wieder mit 13:12 in Front. Dann folgte die große Zeit von Behrend: Die Nationalspielerin markierte vier Tore in Folge (17:15/39.).
Während beide Trainer in der Folge wiederholt in die taktische Trickkiste griffen, leisteten sich beide Teams auf der Platte Fehler en masse. Darunter litt der Spielfluss, gleichwohl stieg die Spannung. Kein Team konnte sich entscheidend absetzen, beide wollten den Sieg. Oldenburg versuchte es immer wieder mit einer siebten Feldspielerin, steckte nie auf und wurde belohnt: Myrthe Schoenaker stellte mit dem ersten Siebenmeter für Oldenburg auf 21:18 (50.). Drei Angriffe später folgte wieder per Strafwurf das 23:19 durch Schoenaker – und der VfL nahm Kurs auf den zweiten Saisonsieg.