Jever „Es ist der 10. November 1938 in Jever. Lieselott Weinstein öffnet vorsichtig ihre Wohnungstür in der Bahnhofstraße 39. Vor ihr stehen sechs uniformierte Männer.“ So beginnt das interaktive Hörspiel über das Schicksal der jüdischen Frauen in Jever beim Novemberpogrom von 1938: Gina Bremer aus Oldenburg, Absolventin des Studiengangs Journalistik an der Jade-Hochschule, hat es im Studio von mehreren Stimmen einsprechen lassen. Sie stellt es Sonntag, 10. November, 11 Uhr, im Gröschler-Haus Jever erstmals vor.
Gina Bremer stellt in den 26 Minuten Lieselott Weinstein (1907 bis 1999), älteren Jeveranern als Lieselott Spitzer bekannt, in den Mittelpunkt. Die Getreidehändlerin hatte ab 1984 in Tonbandinterviews und Briefen das Pogrom geschildert. Das Hörspiel ist zugleich Erinnerungsgang: Es folgt der aus der Wohnung ins Gerichtsgefängnis verschleppten Frau – an den Stationen Wohnhaus, brennende Synagoge, Rathaus, Gefängnis kann es aktiviert werden. Ein Stadtplan von Jever liegt der CD bei.
Über die Situation der Frauen beim Pogrom ist bisher wenig berichtet worden. Meist geht es um die am 10. November 1938 verhafteten, am Tag danach ins KZ Sachsenhausen verschleppten und dort häufig zum Tod gequälten Männer. Die Frauen konnten damals nach einigen Stunden Haft unter Bewachung wieder in die Wohnungen zurück. Die Frauen wurden in ihren Wohnungen und in der Öffentlichkeit ausgeraubt und erniedrigt – häufig durch Hitlerjungen. Sie wollten dann natürlich die Freilassung ihrer Männer erwirken. Erst nach Tagen der Ungewissheit erfuhren sie, wo die sich überhaupt befanden. Anschließend hatten sie bei den regionalen Nazi-Größen vorzusprechen und alle ihre Vermögenswerte herzugeben. Diese Hintergründe sind weithin bisher unbekannt, sagt Hartmut Peters vom Arbeitskreis Gröschler-Haus.
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Gina Bremer kam auf die Hörspielidee, weil ihre Großeltern häufig über den Krieg gesprochen, aber über die Situation der jüdischen Mitbürger geschwiegen hatten. Sie möchte Jugendliche ansprechen. Deshalb hat sie die dramatischen Geschehnisse so in Szene gesetzt, dass kaum Vorkenntnisse notwendig sind.
Hörspiel unter groeschlerhaus.eu/angebote/audio-stadtrundgang-auf-den-spuren-des-pogroms-vom-november-1938/