Mainz Mitten im Jugoslawienkrieg wird der junge Schweizer Journalist Christian Würtenberg tot aufgefunden. Er trägt die Uniform einer internationalen Söldnertruppe. Das war im Januar 1992.
Zwei Jahrzehnte später beginnt seine Cousine, die Regisseurin Anja Kofmel, die Hintergründe seines Todes zu erforschen. Entstanden ist dabei die Geschichte eines jungen Schweizers, der sich in einer dunklen und brutalen Welt verirrt hat.
3Sat zeigt den animierten Dokumentarfilm „Chris the Swiss“ (Schweiz 2018) – ausgezeichnet mit dem Schweizer Filmpreis 2019 in den Kategorien Bester Schnitt, Beste Musik und Bester Dokumentarfilm – am Montag, 11. Januar (22.25 Uhr), in deutscher Erstausstrahlung. Der Film ist nach Ausstrahlung 30 Tage lang in der 3Sat-Mediathek verfügbar.
Bevölkerung „säubern“
Anfang der 1990er-Jahre tobt in Jugoslawien ein grausamer Krieg. Auch junge Männer aus ganz Europa nehmen daran teil. Am 7. Januar 1992 wird in Kroatien der Schweizer Journalist Christian Würtenberg in der Uniform einer internationalen Söldnertruppe tot aufgefunden. Laut Autopsie wurde er erwürgt. Chris war nur wenige Wochen zuvor Mitglied des „First Platoon of International Volunteers“ (PIV) geworden. Diese Truppe wurde mit der ethnischen „Säuberung“ der Bevölkerung in den Grenzgebieten zu Serbien beauftragt.
Job an Nagel gehängt
Anja Kofmel will verstehen, warum Chris von diesem Krieg so fasziniert war. „In diesem gottverdammten Land bringen sich die Leute gegenseitig um, verstümmeln sich gegenseitig zu einem Klumpen Fleisch. Fuck why“, notierte sich Chris in sein Tagebuch. Er wollte als Journalist vom Jugoslawienkrieg berichten. Doch weshalb hängte er den Reporter-Job an den Nagel und schloss sich einer rechtsextremen Söldnerbrigade an? Er, der den Krieg eigentlich verabscheute?
Ausgehend vom Tag seines Todes und mit Chris’ Tagebuch als Leitfaden beginnt Anja Kofmel seine letzten Schritte zurückzuverfolgen. Die persönliche Sicht der Regisseurin auf die Geschichte wird in animierten Sequenzen erzählt. Gezeichnete und dokumentarische Bilder verschmelzen. Die journalistische Seite der Geschichte wird mit umfangreichem Archivmaterial und Berichten von Zeitzeugen dokumentiert.
Nachforschungen
Ihre Nachforschungen führen die Filmemacherin nicht nur zu Chris’ Familienmitgliedern, sondern auch zu seinen Journalistenkollegen, Söldnern des PIV und zum Ex-Terroristen „Carlos, der Schakal“ – alles Persönlichkeiten, die tief in diesen Krieg verwickelt waren.
Ohne die Subjektivität zu verlieren, ändert sich allmählich die Erzählperspektive und entwickelt sich vom Standpunkt des träumerischen Kindes zur differenzierteren und kritischeren Betrachtung der erwachsenen Autorin.