Delmenhorst „Stadtrat muss sauber bleiben“ stand auf den Kärtchen, die sich fast alle Ratsmitglieder am Dienstag in der Markthalle ans Revers geheftet hatten: Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass Henning Suhrkamp vor dem Rat in dessen letzter Sitzung im alten Jahr eine persönliche Erklärung abgeben wollte. Als dieser dann vorne am Rednerpult abermals seine persönliche Unschuld beteuerte und ankündigte, sein Ratsmandat bis zum Ende der Legislaturperiode wahrnehmen zu wollen, wandten ihm fast alle Ratsmitglieder den Rücken zu. Einige verließen die Halle.
Verzicht auf Mandat
Henning Suhrkamp ist rechtskräftig verurteilt wegen des Besitzes von kinderpornografischen Darstellungen. Anders der wegen Betrugs und Unterschlagung verurteilte ehemalige Ratsherr Werner Lindemann, der zu seiner Schuld steht und dessen Mandatsverzicht wenige Minuten später festgestellt wurde.
Die Verabschiedung des Haushalts 2016 war zentrales Thema der Sitzung. Zum letzten Mal war es 2009 gelungen, noch im alten Jahr das Zahlenwerk in trockene Tücher zu bringen. Einige Punkte, wie die Unterstützung der Tafel mit 6000 Euro für den Bau einer Kühlkammer oder die Aufstockung der Mittel für die Hausaufgabenhilfe der Gemeinschaft Hasport von 1000 auf 3000 Euro, blieben bis zum Schluss strittig. Beides fand letztlich keine Mehrheit.
„Die Gestaltungsspielräume in dieser Stadt sind nicht besonders groß“ sagte Oberbürgermeister Axel Jahnz, der die Haushaltsdebatte eröffnete. Er dankte der Verwaltung und den Fachausschüssen für die „insgesamt konstruktiven Beratungen, die wir geführt haben“. Der durch die zu spät verabschiedeten Haushalte der vergangenen Jahre entstandene Investitionsstau müsse abgearbeitet werden, verlangte der Verwaltungschef. Für 2016 kündigte er eine Untersuchung der Strukturen und der Organisationsform der Verwaltung an. Das Flüchtlingsthema, so Jahnz, werde die Stadt 2016 genauso, wenn nicht noch mehr, beanspruchen.
„Ohne Investitionen verlieren wir als Stadt“, betonte die SPD-Fraktionschefin Andrea Meyer-Garbe. Allerdings sei „unser Aufwandsüberschuss dieses Jahr zu groß“ gewesen – unter anderem durch die Sonderaufwendungen fürs Klinikum. „Unser Wunsch ist, dass die neuen Schulden die Tilgungen nicht überschreiten“, sagte UAD-Fraktionsvorsitzender Sascha Voigt. Den Haushaltsplan nannte er „eine Anhäufung von Notmaßnahmen und Flickschusterei“, kündigte aber dennoch die Zustimmung an.
Sechs Gegenstimmen
CDU-Fraktionschef Kristof Ogonowski mahnte die Verwaltung zur Vorlage der ausstehenden Jahresabschlüsse ab dem Haushaltsjahr 2011 an: „Wir absolvieren einen haushaltspolitischen Blindflug“, sagte er. Für die Zukunft werde die CDU von der Verwaltung „unterjährige Vierteljahresberichte“ verlangen.
Bei sechs Gegenstimmen (Piraten, FDP/Stöver-Gruppe, Bürgerforum und Linksfraktion „Pro Delmos“) wurde der Haushalt schlussendlich beschlossen.