DELMENHORST Mit Wollmäusen möchte man sich normalerweise nicht allzu eingehend beschäftigen – im Nordwestdeutschen Museum für Industriekultur auf dem Nordwolle-Gelände spielten sie am Internationalen Museumstag am Sonntag eine Hauptrolle. Denn mit ihnen besann man sich auf das Motto des Tages: „Museen, unser Gedächtnis!“
Das Programm drehte sich neben der Dauerausstellung vor allem um die Sonderausstellung „125 + X Menschen – Dinge – Wege“. Das Kernstück bildet Jürgen Knapps Installation „Arena Nordwolle“. Stilisierte Mäuse aus Ton bilden einen Kreis, in der Mitte stehen Sprungfedern. „Die Mäuse stehen für die Heerscharen von Arbeiterinnen bei der Nordwolle, die Wollmäuse genannt wurden“, erklärt Knapp. „Wie die anonymen Arbeiterinnen sehen auch die Mäuse auf den ersten Blick gleich aus. Aber jede hat eine individuelle Farbgestaltung.“ Die Federn sollen für die sogenannten Kannen stehen, die mit Wolle aufgefüllt wurden.
Jürgen Knapp und Museumsleiter Hans-Hermann Precht wollen mit der Installation und der Sonderausstellung all den Lebensgeschichten der Zuwanderer sowie Gast- und Zwangsarbeiter gedenken, die auf der Nordwolle geschuftet haben. Wie so viele Delmenhorster fühlt sich auch Jürgen Knapp mit der Fabrik verbunden. „Seit 1984 wohne ich auf dem Nordwolle-Gelände“, erzählt er. „Meine Mutter und meine Tante haben hier 1947 gearbeitet.“
Neben Knapps Installation erinnern über 8000 Karteikarten, 1000 Stechkarten sowie Beschäftigungskarten aus den Jahren 1884 bis 1930 an die vielen Lebensgeschichten der Arbeiter. Was in einen Koffer passte – die Bibel, Manschettenknöpfe mit dem Bild der Eltern und natürlich die Notmünze – sind hier ausgestellt und spiegeln die Lebensverhältnisse der Zuwanderer. Geradezu symbolisch für das Pendlertum der Gastarbeiter und das Leben im Übergang ist auch der Ford Transit aus dem Jahr 1965.
Da wirkte die Vorstellung „Sonntagsbesuch bei Armine Lahusen“ beinahe wie Sarkasmus. Die Gästeführerin Regina Ungethüm-Meißner spielte im historischen Kostüm die Gattin des Nordwolle-Fabrikanten G. Carl Lahusen: Sie erzählte von ihrem Leben und von ihren Ansichten der Lebensverhältnisse ihrer Arbeiter, die für den Zuhörer so gar nicht zu den eigenen Eindrücken aus der Ausstellung passen wollten. Da war klar: Das Gedenken ist gelungen.