Bad Zwischenahn Dieser Ammerländer Traditionsschluck ist alles andere als normal: Im Emsland als Löffeltrunk und im Landkreis Wittmund als Löffelschluck produziert, wird er aus einem Zinnlöffel getrunken und ist die wohl berühmteste Spirituose im ganzen Ammerland. Doch woher stammt das traditionsreiche Getränk, warum wird der Schluck nicht im Ammerland gebrannt, und was hat es mit dem Löffel auf sich? Die NWZ hat sich auf eine Spurensuche begeben, um der Geschichte des hochprozentigen Getränks auf den Grund zu gehen.
Über die Vergangenheit des Schlucks weiß Klaas Düring, Vorsitzender des Bad Zwischenahner Vereins für Heimatpflege, viel zu berichten. Für die NWZ hat er viele historische Texte durchstöbert. Bei einem Treffen im Spieker in Bad Zwischenahn berichtet er, woher der Brauch, den klaren Schluck, bei dem es sich immer um einen Korn handle, aus einem Zinnlöffel zu trinken, stammt – und was es beim Trinken noch zu beachten gilt.

Eine Tradition entsteht
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„Am 7. Juni 1910, wurde das Ammerländer Bauernhaus hier in Bad Zwischenahn eingeweiht. Einen Tag später im Rahmen weiterer Festtage dann auch der Spieker. Dabei wurde allerdings kein Schnaps ausgeschenkt“, berichtet Düring.
Das habe vielen Anwesenden nicht gefallen. Die hätten sich kurzerhand ihren Schluck besorgt und diesen dann, aus Mangel an Schnapsgläsern, aus den vorhandenen Zinnlöffeln getrunken. Für die Tatsache, dass der Löffel dabei immer in der linken Faust gehalten werde, hat Düring zwei Erklärungen:
„Das Ammerland wurde früher häufig von Ostfriesen angegriffen. In weiser Voraussicht hat der Ammerländer deshalb immer die rechte Hand frei, wenn er trinkt. So kann er sich im Falle eines erneuten Angriffs wehren.“ Außerdem habe der Löffel an der rechten Seite keinen Griff, den Schluck könne man deshalb nur mit links halten“, erklärt der Vereinsvorsitzende mit einem Augenzwinkern.
Erst die Männer
Beim Einschenken sei ebenfalls Tradition, dass immer zuerst die Männer ihren Schnaps bekommen, berichtet Düring weiter. Erst dann sei es soweit, mit dem Trinkspruch, der jedes Mal aufgesagt werde, zu beginnen.
„Den Anfang macht dabei der Wirt, der sagt: ,Ick seh di‘. Der Gast antwortet dann ,Dat freit mi‘, worauf der Wirt wiederum sagt ,Ick sup di to‘. Der Gast antwortet darauf ,Dat do‘, worauf sich die beiden zuprosten und trinken“, erklärt Düring.
„Erst nachdem die beiden ihren Schluck ausgetrunken haben, sagt der Wirt ,Ick heb di tosapen’. Die Antwort des Gastes lautet dann ,hest’n Rechten drapen!‘“, berichtet Düring weiter.
Die Servietten-Probe
Im Anschluss an diese kleine Zeremonie, deren Trinkspruch auf den ehemaligen Spieker-Wirt Hinnerk Deters zurückgehe, würden dann alle Personen, die einen Löffeltrunk zu sich genommen hätten, ihren Zinnlöffel auf ein trockenes weißes Tuch oder eine weiße Serviette legen. „Wenn der Löffel nicht sauber und trocken geleckt ist, wiederholt sich die Zeremonie auf Kosten desjenigen, bei dem sich Flecken auf dem Tuch gebildet haben“, berichtet der Vereinsvorsitzende.
Herkunft des Schlucks
Ausgeschenkt wird im Spieker der „Ammerländer Löffeltrunk“ der privaten Kornbrennerei H. Heydt aus Haselünne im Emsland. Das war aber nicht immer so. „Früher kam der Schluck, der hier serviert wurde, aus Kapels Kornbrennerei in Specken“, erinnert sich Klaas Düring. Die gebe es heute aber nicht mehr. Warum der Schluck heute aus dem Emsland importiert werde, wisse er nicht.
Die Frage, warum ein Ammerländer Traditionsgetränk im Emsland gebrannt wird, lässt sich nur über einige Umwege beantworten. Hendrik Heydt, Juniorchef im Familienunternehmen H. Heydt, berichtet auf Nachfrage der NWZ, dass die Brennerei die Marke „Ammerländer Löffeltrunk“ von der Berentzen-Gruppe übernommen habe. Das sei etwa um die Jahrtausendwende gewesen. Woher die Marke ursprünglich stamme, könne er nicht beantworten.
Markenschutz seit 1972
Eine Nachfrage der NWZ bei der Berentzen-Gruppe, die ebenfalls in Haselünne beheimatet ist, ergab, dass die Marke über einen Zusammenschluss mit dem Unternehmen Pabst & Richarz in den Besitz der Berentzen-Gruppe gekommen ist. Wie Thorsten Schmitt, Sprecher der Berentzen-Gruppe, berichtet, habe sich das damals noch in Elsfleth ansässige Unternehmen die Marke bereits im Jahr 1972, lange vor der Fusion mit Berentzen, schützen lassen.
Im Landkreis Wittmund dagegen wird im Unternehmen Heiko Blume der Ammerländer Löffelschluck gebrannt. „Wir produzieren ausschließlich im Auftrag der Ammerländer Schinkendiele in Bad Zwischenahn“, berichtet Frank Blume, einer der Geschäftsführer des Ostfriesischen Unternehmens aus Friedeburg.
Der Löffel
Ohne echten Zinnlöffel keinen Löffeltrunk – sagt Bernd Hillje. Seit mehr als 25 Jahren stellt er schon die Löffel her, aus denen der Traditionsschluck getrunken wird. „Ich habe das damals von einem Freund übernommen, der nach Portugal ausgewandert ist“, berichtet er – und das Geschäft laufe gut.
Mehrere tausend Löffel
Jedes Jahr kämen 8000 bis 10 000 Löffel zusammen, die er an die örtliche Gastronomie verkaufe. „Beliebt sind die Löffel auch bei vielen Unternehmen als Werbegeschenke“, sagt Hillje.
Gegossen werden die Löffel immer noch hauptsächlich aus Zinn. „Wir müssen etwas Blei zugeben, damit die Löffel nicht brechen“, erklärt Hillje weiter. An einem Tag schaffe er 500 bis 600 Löffel. Es dauere aber weitere zwei Tage, so viele Löffel zu entgraten, zu feilen und anschließend zu putzen, bevor diese in den Verkauf gegeben werden können.
Dann aber könne man traditionell anstoßen: Prost!